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Im Bambuswald mit der Bambusflöte: Nicht-Peter in Saša Stanišić' zweitem Kinderbuch "Panda-Pand"

© Günther Jakobs

Saša Stanišić' Kinderbuch "Panda-Pand": Geschichten mit Kralle und Pfote

Die Wirklichkeit und das Paradies: Saša Stanišić erzählt in seinem wundervollen zweiten Kinderbuch von Pandabären, die im Wald ein Konzert geben.

Es liegt nahe, wenn man von Beruf Schriftsteller ist und im Alter von vier, fünf Jahren Pandabär werden wollte, dass man dann auch einmal über Pandabären schreibt. Saša Stanišić heißt dieser Schriftsteller, und er erzählt von seinem kindlichen Wunsch, sich in einen Pandabären zu verwandeln am Endes seines Buches „Panda-Pand. Wie die Pandas mal Musik zum Frühstück hatten.“

Das ging bei ihm so weit, dass er nur weiße oder schwarze Kleidung tragen wollte – und er sich, wie es seine Familie erinnert, „mit Filzstift schwarze Ringe um die Augen gemalt und gegen unseren Kirschbaum im Garten gepinkelt“ habe, „um mein Revier zu markieren.“

Vielleicht übertreibe seine Familie aber auch, fügt Stanišić an, und wieder ist man mitten drin in den Geschichten, die der 1978 im bosnischen Višegrad geborene und in Hamburg lebende Schriftsteller so wunderbar erzählen kann. Das hat er mit seinen Büchern für Erwachsene bewiesen, mit „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ oder mit „Herkunft“, zuletzt aber auch mit dem Kinderbuch „Hey, hey, hey Taxi“, das in Zusammenarbeit mit seinem Söhnchen entstanden ist.

Letzteres Buch muss ihm soviel Spaß gemacht haben, dass er nun den eigenen Kindertraum zumindest in Ansätzen in die Wirklichkeit überführt und sich in die schöne, bunte Welt einiger Pandabären begeben hat.

Die Pandabären sehen supersympathisch aus

Und Spaß auch für die Leser:innen und Zuhörer:innen bringt dieses Buch gleich von Beginn an, allein weil die von dem Illustrator Günther Jakobs gezeichneten Pandabären super aussehen, super sympathisch, super schnuckelig, und einer von ihnen überdies ein Ohr hat, das größer als das andere ist.

Eigentlich heißt dieser Pandabär mit den zwei unterschiedlich großen Ohren Peter. Aber weil diese Tiere zumeist in China zuhause sind und es überhaupt nicht immer Namen geben muss, wie Stanišić meint, hat er seinen Helden kurzerhand in Nicht-Peter umgetauft, genau wie später die beiden anderen Bären, die sich zu Nicht-Peter gesellen, nämlich Nicht-Olivia und Nicht-Gerhard.

Nicht-Peter entdeckt eines Tages, dass der Bambus, von dem er und seine Artgenossen sich ausschließlich ernähren, dass dieser Bambus auch dazu geeignet ist, Töne zu fabrizieren. Ja, man kann damit Musik machen! So entlockt Nicht-Peter seiner Bambusflöte, hier „Pflöte“ geschrieben, leise, gemütliche, schwindlige oder müde Töne, um eines Tages zusammen mit Nicht-Olivia und Nicht-Gerhard ein großes Konzert im Wald zu geben.

Die Begeisterung bei den Waldbewohnern ist zuerst groß, bei den Äffchen, den Salamandern und all den anderen, trotz der gar nicht mal so harmonischen Töne.

Aber schon bald regt sich Protest, vor allem bei Watte, der Bambusratte, auf die alle hören: „Wenn Watte sprach, dann hatte das Kralle und Pfote. Watte hatte schon alles erlebt. Flut und Sturm und Feuersbrunst. Watte war vier Millionen Jahre alt. Watte hatte sogar schon mal Menschen getroffen! Jene, die Fallen stellten, und jene, die den Wald kaputt machten.“

"An wen denkst du, wenn du an was Schönes denkst?"

Auf diese Art lässt sich Saša Stanišić von seinen Einfällen leiten. Die sind nicht immer zwingend sinnvoll oder folgen einer stringenten Dramaturgie, aber sie stimmen beim Lesen unwahrscheinlich milde und friedlich. Man möchte wieder Kind sein und dieses Buch vorgelesen bekommen, so hübsch und spaßig und zartfühlend ist das alles.

Das manchmal Regellose, nur für Kinder bestimmte, behält Saša Stanišić auch in seiner Sprache bei, gerade bei den Verben. Schon mal das Wort „bambnüffeln“ gehört? Oder „krallbohren“? Oder dass jemand davon „pandopierte“? Oder vom „Pipipfotenstand“?

Stanišić’ Prosa ist ansonsten eine anschmiegsame, altersgerechte und wird häufig zusätzlich aufgelockert durch dazwischen geschobene, rot abgesetzte Fragen und Kommentare, die die zuhörenden Kinder direkt ansprechen: „Wovor hast du keine Angst?“; „An was denkst du, wenn du an was Schönes denkst?“.

Oder auch, einen großen deutschen Komponisten erklärend: „Bach war einer, der hat viel früher gelebt als du und ich und Nicht-Peter, und der hatte eine sehr musische Perücke, die sehr musische Musik erfunden hat.“

Diese Mini-Interludes stiften Gemeinsamkeit und eine Verbindung zwischen Wirklichkeit und Fiktion. „Panda-Pand“ gehört zum Paradies, das die Kindheit bisweilen sein kann. Viel zu schnell wird man daraus vertrieben. Das demonstriert auch Saša Stanišić am Ende, als er in seinem Nachwort auf die Situation der Pandabären in der Wirklichkeit hinweist: Sie sind vom Aussterben bedroht. Nur gut, dass man sich aus der Welt noch immer in Geschichten flüchten kann.

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