zum Hauptinhalt
Galerist Johann König wurde 1981 in Köln geboren.

© Moritz Frankenberg/picture alliance/dpa

Geplanter Rückzug oder Flucht?: Galerist Johann König verlässt Wien

Die König Galerie schließt nach nur einem Jahr ihre Wiener Dependance und spricht von einem Pop-up-Projekt. Die Kunstszene dort wundert sich.

| Update:


Ja, was denn nun? Vergangenen Herbst tat Galerist Johann König seine Liebe zu Wien kund und verriet der Tageszeitung „Der Standard“, dass er bei der Eröffnung seiner Galerie vor 20 Jahren zwischen der österreichischen Metropole und Berlin hin- und hergerissen gewesen sei.

Damals entschied sich König für Berlin-Kreuzberg, doch im Oktober 2021 eröffnete er zusätzlich einen Raum in Wien. Der schließt nun – und plötzlich soll das ganze Engagement dort bloß ein temporäres gewesen sein.

Es habe sich um ein „Pop-up-Projekt für ein Jahr“ gehandelt, ließ die Galerie nun den „Standard“ wissen. Der hatte sich über das abrupte Ende im Oktober nach der Ausstellung von Alicja Kwade gewundert und nachgefasst.

Tatsächlich kursierten Pläne, nach denen König seine Dependance im sogenannten Kleinen Haus der Kunst so bald wie möglich aufgeben wollte – und zwar zugunsten eines größeren, eigenen Standorts im Wiener Augarten, in dem zuvor die Sammlerin Francesca Habsburg-Lothringen mit ihren Ausstellungen untergekommen war.

Martin Hos gilt als schillernde Figur

So hätte sich Johann König nicht bloß eine erstklassige Adresse gesichert, sondern wäre zusätzlich dem Dunstkreis eines Mannes entkommen, den die Wiener Kunstszene mit einigem Argwohn betrachtet: Das Kleine Haus der Kunst wird gastronomisch von Martin Hos betrieben. König war für das Kunstprogramm der schönen Location zuständig. Hos wiederum gilt als schillernde Figur mit engen Verbindungen in die Politik.

Vielleicht hat König nicht länger mit dem Umzug warten wollen. Vielleicht war Wien aber auch tatsächlich ein kommerzieller Versuchsballon und hat die Erwartungen an die dortige Sammlerschaft in den vergangenen zwölf Monaten nicht erfüllt.

In jedem Fall wurde die Ankunft, wurden die Absichten anders kommuniziert: Das klang nach einem lang gehegten Wunsch mit langfristigem Plan.

So sieht es nun nach einem Rückzug aus, der keiner sein soll oder darf. Es wäre das Eingeständnis eines Scheiterns in der Biografie des ansonsten überaus erfolgreichen Galeristen. Nicht zuletzt wirft die Entscheidung aber auch die Frage auf, ob die MeToo-Vorwürfe der jüngsten Zeit König nicht doch schaden.

Vor wenigen Wochen veröffentlichte die Wochenzeitung „Zeit“ die Ergebnisse ihrer umfangreichen Recherchen, nach denen mehrere Frauen dem Galeristen sexuelle Übergriffe vorwerfen. Laut „Zeit“ gibt es Zeuginnen, die solche Situationen selbst erlebt oder aber beobachtet haben. Und auch, wenn die Vorwürfe bislang ohne juristische Folgen geblieben sind, wirken sie doch auf das Ansehen eines Galeristen in der machtvollen Position von Johann König.

Korrektur: Nach einem Beschluss des Hamburger Verwaltungsgerichts wurden der „Zeit“ inzwischen einzelne Sätze ihrer Berichterstattung untersagt. Wir haben unseren Text deshalb im Nachhinein geändert und Verweise auf entsprechende Passagen getilgt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false