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Knuffig. Marius Lauber alias Roosevelt tritt am Mittwoch im Astra auf.

©  David East

Roosevelt im Porträt: Ein Blick ins Teenager-Ich

Der Kölner Roosevelt tourt mit seinem Elektropop durch die ganze Welt. Jetzt hat er sein zweites Album „Young Romance“ veröffentlicht. Ein Treffen.

Popmusik aus Deutschland, die international erfolgreich ist – das kommt nicht oft vor. Scorpions, Kraftwerk, Rammstein, klar, die fallen einem schnell ein. Sehr viele mehr jedoch nicht. Marius Lauber ist das Kunststück gelungen, von Köln aus unter seinem Künstlernamen Roosevelt die Welt zu erobern. Bereits seine ersten EPs veröffentlichte der heute 28-Jährige vor sechs Jahren auf einem englischen Label. Damit war auch gleich klar, dass da international etwas gehen könnte. Inzwischen tourt er nicht nur durch Europa, sondern auch durch die USA und Kanada.

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Sicherlich hilft es beim Erfolg, dass Marius Lauber ziemlich knuffig aussieht. Auf dem Cover seines eben erschienenen zweiten Albums sieht man einen jungen Mann in Anzug und weißem Hemd, der nachdenklich auf den Boden blickt. Schick sieht er da aus. Im Büro seiner deutschen Plattenfirma in Neukölln sitzt einem freilich eine optisch ganz andere Version gegenüber. Er trägt Baseball-Mütze und Hoodie, mehr casual geht kaum. Aber auch dieser Look steht ihm blendend.

Da verwundert es auch gar nicht, dass er einmal beinahe so etwas wie ein Teenie-Star war. In der Band Beat! Beat! Beat! spielte er Schlagzeug und war selbst noch Teenager. Beat! Beat! Beat! waren ganz kurz ziemlich erfolgreich mit ihrem poppigen Gitarrenrock, der eigentlich auch schon international konkurrenzfähig klang mit englischen Texten. Aus irgendwelchen Gründen hob die Band dann aber doch nicht wirklich ab und Lauber begann, sich zunehmend um sein eigenes Projekt Roosevelt zu kümmern. Warum dieses Roosevelt heißt, dazu hat er keine wirklich spektakuläre Geschichte zu erzählen. Auf einen amerikanischen Präsidenten wolle er damit nicht verweisen und irgendeine politische Aussage sei damit auch nicht verbunden. Er wisse auch gar nicht mehr so genau, wie er überhaupt auf den Namen gekommen ist. Plötzlich sei er eben da gewesen. Aber warum auch nicht: „Roosevelt ist einfach ein schönes Wort“, so Lauber.

House und Gitarrensounds verbinden

Am Anfang war, wie gesagt, Rock wichtig für ihn und auch das Konstrukt Band. Dann, noch während der Zeit bei Beat! Beat! Beat!, entdeckte er das DJ-ing. Der Junge aus Viersen zog um in die Techno-Stadt Köln, legte selbst Minimal-Techno auf. „Ich kann mich gut erinnern, dass ich mit der Band auf allen möglichen Festivals aufgetreten bin und gleichzeitig in Köln auf Techno-Partys aufgelegt habe.“ Bei Roosevelt gehe es ihm nun darum „beide Welten zusammenzubringen, sie miteinander zu verbinden. House und Minimal mit Gitarrensounds zu mischen.“

In Köln lebt er immer noch. Klar würde sich ein Umzug nach Berlin anbieten, von wo aus internationale Karrieren sicherlich leichter zu lenken sind als aus Köln. Doch nach Berlin, sagt Lauber, ziehe man vor allem, um Kontakte zu knüpfen, auch ins Ausland. Doch die habe er ja nunmal von Beginn an dank seines englischen Labels gehabt. Außerdem stehe die Zeit ein wenig still in Köln, und „wenn man dann einen Monat lang auf Tour war, ist es ganz angenehm, zurück in eine Stadt zu kommen, die noch dieselbe ist wie vorher“.

Pop mit Pathos

Großes Vorbild für den Roosevelt-Sound, da redet Lauber gar nicht drumherum, ist das letzte Album der französischen House-Großmeister Daft Punk. Diese holten sich dafür den Disco-Pionier Nile Rogers von Chic. Heraus kam eine genreübergreifende Superpopmusik – und mit „Get Lucky“ ein Gute-Laune-Hit für die Ewigkeit. Auch Roosevelts Musik atmet den Geist von Chic, klingt nach Großraumdisco in den 80ern. Zuckrige Synthesizer-Sounds, funky Gitarrenriffs, verspielte Bässe, alles da. Roosevelt macht POP in Großbuchstaben und nicht nur Pop. Zu seiner Vorliebe für diesen Sound, der gerne auch mal größenwahnsinnig und extrem künstlich sein durfte, sagt Lauber: „Die 80er waren einfach ein wahnsinniges Jahrzehnt, was die Musik angeht.“ Er nennt A-ha, The Human League, Tears For Fears als Einflüsse – „Bands, die keine Angst vor den großen Pop-Gesten oder zu viel Pathos hatten“.

Dass ihm auch selbst derartige Ängste komplett abgehen, hört man seiner neuen Platte von vorne bis hinten an. Jeder Song geht sofort ins Ohr, man hat das Gefühl, letztlich ein „Get Lucky“ nach dem anderen zu hören. Lauber singt sich selbst durch seine Songs, die er in seinem Studio in Köln aufgenommen hat, und er singt auf Englisch, als sei das das Natürlichste. Der junge Mann kann Schlagzeug spielen, Platten auflegen, Songs produzieren und, man muss es kaum noch erwähnen, auch seine Gesangsstimme klingt wunderbar weich, fast schon zärtlich.

Klassische Coming-of-Age-Geschichten

Und ist perfekt geeignet, über die Freuden und Leiden einer „Young Romance“ zu singen, die er auf seinem Album thematisiert, über Ver- und Entlieben. Und über die Gefühle, die das im Teenageralter auslöst. „Es geht viel um meine Zeit im kleinen Dorf, als ich 16, 17 war. Und über das Gefühl, ausbrechen zu wollen. Letztlich erzähle ich auf meinem Album klassische Coming-of-Age-Geschichten.“ Ein junger Mann, der über seine Gefühle singt: Auch im MeToo-Zeitalter und obwohl längst gefordert wird, dass endlich auch Männer ihre weiche Seite zeigen sollen, mutet das noch seltsam an. Ihm selbst falle es gar nicht so auf, sagt Lauber, dass er als Roosevelt so sehr den sensiblen, feinfühligen Mann geben würde. Aber es müsse wohl etwas dran sein, da er so oft darauf angesprochen werde. Auch in der LGBT-Szene habe er viele Fans, was wohl auch daran liegt, dass er nicht unbedingt ein viriler Typ sei. „Ich finde es seltsam, dass andere Männer anscheinend nicht gerne über ihre Gefühle reden“, sagt er, „dabei ist es doch völlig normal, sie zu thematisieren.“

Nun ist Roosevelt auf Tour, um sein Album zu präsentieren, auf dem er so sehr ins Innere seines Teenager-Ichs blicken lässt. Allerdings kommt der Solokünstler nun doch im Bandformat: Schlagzeug, Gitarre, Bass. So wie damals, als er wirklich noch 16, 17 war. Und doch steht er nun woanders: „Ich trete jetzt eben mit Backing-Band auf. So wie einst Prince“, sagt er ganz unbescheiden.

Roosevelt, am 24. Oktober live im Astra

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