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US-Regisseur Quentin Tarantino gestikuliert während seines Auftritts beim Digital-Festival OMR. (zu dpa "Quentin Tarantino schaut mit Sohn gern Kinderserie «Peppa Wutz") +++ dpa-Bildfunk +++

© picture alliance/dpa/Jonas Walzberg

Quentin Tarantino in Berlin: Masterclass eines Filmverrückten

Quentin Tarantino schaut auf seiner kleinen Buchtour mit „Cinema Speculation“ im Admiralspalast vorbei. Der Regisseur erweist sich einmal mehr auch als großer Performer.

Von Andreas Busche

Quentin Tarantino ist der Rockstar unter den Hollywood-Regisseuren, das wird einem beim Anblick der Schlange vor dem Admiralspalast noch einmal bewusst. Jung und alt, Fans mit „Pulp Fiction“-Shirts, biertrinkend (aber auch Weißwein): Die Bewunderung endet nicht beim Filmwerk. Man liebt Tarantino auch für seinen unbestechlichen Musikgeschmack, seine große Klappe und dass er den Traum von der wandelnden Filmenzyklopädie zum Starregisseur stellvertretend für die Fans lebt.

Berlin liebt Tarantino, Tarantino liebt Berlin

Man erinnert sich nur an die Zeit vor gut 15 Jahren, als Tarantino-Sichtungen in Bars, Clubs und Restaurants monatelang die Berliner Lokalpresse auf Trab hielten, während er mit Brad Pitt und Christoph Waltz in Babelsberg „Inglourious Basterds“ drehte. Mit Berlin, sagt Quentin Tarantino am Mittwochabend im ausverkauften Admiralspalast, verbinde ihn bis heute die beste Zeit seiner Karriere. Und das kann man ihm glauben, wenn er in Jubelpose auf der Bühne im frenetischen Applaus badet.

 Wenn du von deinen Filmen überzeugt bist, kann Dir die Meinung der anderen scheißegal sein. 

Quentin Tarantino, Regisseur

Es ist also keine Überraschung, dass die kleine Lesetour zu seinem Buch „Cinema Speculation“ über die formativen Jahre eines Filmverrückten Tarantino neben London, Paris und Barcelona wieder nach Berlin führte. Geladen hat sein deutscher Verlag Kiepenheuer & Witsch, aber „Cinema Speculation“, eine anekdotische Autobiografie entlang prägender Werke der New-Hollywood-Ära, ist nur der Aufhänger für ein launiges Gespräch (inklusive der Pausenbeschallung: Soundtracks von italienischen Polizeifilmen).

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Weil Tarantino nicht nur Filmszenen im Schlaf nacherzählen kann, sondern auch ein äußerst unterhaltsamer Performer ist. Zwei Mal schnellt er von seinem Stuhl hoch und spielt die Antworten auf der Bühne nach. Man muss dabei gewesen sein: An diesem Abend herrscht im Admiralspalast Handy-Verbot.

Sein Gesprächspartner Steven Gätjen, den meisten Filmfans bekannt als bemitleidenswerte Gestalt am roten Teppich bei der Oscar-Berichterstattung von Pro7, der auf der verzweifelten Suche nach Stars die Wartezeit schon mal mit Smalltalk mit der Agentin oder einer weniger prominenten Abendbegleitung überbrücken muss, ist vermutlich froh, dass ihm Tarantino nicht so leicht durch die Lappen gehen kann. Und Gätjen ist ganz offensichtlich Fan, mit der Rolle des Stichwortgebers will er sich nicht begnügen, was den Abend bereichert Aber natürlich ist Tarantinos nicht zu stoppen, wenn er erst mal zu erzählen anfängt.

Noch ein Film, dann ist Schluss

Die drängendsten Fragen kommen aber erst gegen Ende des Abends zur Sprache, kurz bevor Tarantino noch sehr improvisiert und äußerst kurzweilig ein Kapitel aus seinem Buch „performt“. Wann es denn mit den Dreharbeiten zu seinem nächsten Film „The Movie Critic“ losgehe (im Herbst); und ob er es ernst meine und nach dem zehnten Film aufhören wolle (ja). Der größte Teil des Abends aber ist die Masterclass eines Filmverrückten.

Ob man Tarantinos Filme nun mag oder nicht, seine mitunter atemlose Leidenschaft steckt an. Auch weil seine Antworten immer wieder überraschen oder zu abwegigen Nebengedanken führen. Sein Lieblingsregisseur, erzählt er, sei nicht etwa der Haudegen Sam Peckinpah, dessen blutigen Spätwestern „The Wild Bunch“ er mit acht Jahren in Begleitung seiner Mutter sah, sondern der britische Exzentriker Ken Russell. Und sein Lieblingsschauspieler nicht Steve McQueen, der den Abend über auf die Leinwand im Hintergrund projiziert ist, sondern – Charles Bronson.

Die Wahl Russells vor Peckinpah verrät auch einiges über den Regisseur Tarantino. Er möge zwar die Filme des Hollywood-Veteranen lieber, gesteht er, bewundere aber die Kompromisslosigkeit des Provokateurs Russell. „Wenn du von deinem Film überzeugt bist, kann dir die Meinung der anderen scheißegal sein“, meint Tarantino. Am Ende sollte man sich auch nicht so ernst nehmen. „Es ist doch nur Kino!“ Tarantino macht da einen guten Punkt. Die Kunst eines großen Regisseurs besteht nicht bloß darin, Meisterwerke zu schaffen. Sondern auch den richtigen Moment für den Abschied abzupassen.

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