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„lde“ von Pablo Picasso, 1939.

© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Museum Berggruen / Jens Ziehe / Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Picasso trifft spanische Skulptur: Ein Dialog mit dem künstlerischen Erbe seiner Heimat

Die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 50. Todestag setzen sich im Berliner Bode-Museum fort. Die Ausstellung stellt seine spanischen Arbeiten denen aus seinen französischen Jahren gegenüber.

Vor 50 Jahren starb Pablo Picasso, der zu diesem Zeitpunkt längst als größter Künstler des 20. Jahrhunderts galt. Im Jahr 2023 gibt es nun eine Fülle von Jubiläumsausstellungen, naturgemäß vor allem in seinem lebenslangen Exil- und Wirkungsland Frankreich und sodann in seinem Heimatland Spanien. Hierzulande reicht es dagegen nur zu kleineren Gedenkveranstaltungen.

Aus dem wegen Renovierung geschlossenen Museum Berggruen hat eine Reihe kleinerer Arbeiten Picassos den Weg ins Bode-Museum gefunden, das sich einer bemerkenswerten Sammlung spanischer Plastik rühmt. In zwei Räumen treten Picassos Arbeiten nun „in Dialog“ mit den spanischen Kunstwerken; wobei „Dialog“, dieser in Museen gern missbrauchte Begriff, wenn es gilt, das Nebeneinander zeitlich disparater Werke als großen Einfall zu bemänteln, im Falle Picassos tatsächlich mit Fug und Recht Anwendung findet.

Picasso hatte zwei Heimatländer

Picasso hat sich zeitlebens mit dem künstlerischen Erbe seiner Heimat auseinandergesetzt; beider Heimatländer, wenn man so will, denn auch die französische Kunst stand ihm zu Gebote. Der spanischen Kunst allerdings war er bereits im jugendlichen Alter begegnet, insbesondere während seines Studienaufenthalts in Madrid 1897-99, bei dem er regelmäßig den Prado aufsuchte.

 „Bildnis Nusch“ von 1937, mit dem Picasso die Frau des Surrealisten Paul Éluard verewigte.
 „Bildnis Nusch“ von 1937, mit dem Picasso die Frau des Surrealisten Paul Éluard verewigte.

© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Museum Berggruen / Jens Ziehe / Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Die dort gesehenen – und, wie Velázquez’ „Meninas“, teils noch nach Jahrzehnten bearbeiteten – Meisterwerke stehen im Bode-Museum naturgemäß nicht zur Verfügung, und so sind es Skulpturen und Gemälde zumeist christlicher Thematik, denen Picassos Kleinformate verschiedenster Techniken zugeordnet sind, von Gemälden bis zur Keramik.

Emotionaler Bezug zum Betrachter

Die Ausstellung, eingerichtet von den Kuratorinnen María López-Fanjul y Díez del Corral, Gabriel Montua und Veronika Rudorfer, betont den emotionalen Bezug, den die spanische Kunst stets zum Betrachter gesucht habe. Das kommt in den dicken Tränen einer Darstellung der Jungfrau Maria von Pedro Roldán ebenso zum Ausdruck wie umgekehrt in der Zurückhaltung, die El Greco seiner „Mater Dolorosa“ auferlegt. Picasso hat in seinen Portraits immer wieder die Augen hervorgehoben, so auch im Bildnis seiner Lebensgefährtin Jacqueline von 1959, und sich vor Emotionen nicht gescheut, wie beim „Bildnis Nusch“ von 1937, der Frau des Surrealisten Paul Éluard.

Am Ende sind es jedoch die spanischen Werke, die die größere Aufmerksamkeit beanspruchen. Wann hat man schon Pedro Berruguetes „Thronende Maria“ von 1475 für sich wahrgenommen, außerhalb des italienischen Kontextes, in den sie meist gestellt wird? Doch, das will die Ausstellung auch: die Eigenständigkeit spanischer Kunst hervorheben. Dann allerdings übergeht sie bestimmte Eigenarten, verkürzt den Glaubenseifer zur Gefühligkeit, wo er doch in den jahrhundertelangen Terror der Inquisition mündete.

Verharmlosende Bildbeschreibungen

Und dann ist da noch eine Elfenbein-Figur des Gekreuzigten von den Philippinen. Die, so heißt es im Erläuterungstext nebendran, bildeten „von 1565 bis 1898 einen Teil des spanischen Reiches“. Und weiter: „Philippinische Künstler*innen stellten unzählige religiöse Figuren aus Elfenbein her, hauptsächlich für die Christianisierung der spanischen Kolonien in Amerika“. Man kann über diesen verharmlosenden Text nur den Kopf schütteln.

Für Picasso, so belehrt uns die Ausstellung, „hatte Kunst weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft. Sie entwickelte sich nicht, war weder alt noch modern, sondern sollte nur danach beurteilt werden, wie relevant sie aktuell ist“. Danach hätten die im Bode-Museum gezeigten Kunstwerke allerdings etwas mehr Erläuterung verdient als die braven Täfelchen, die ihnen jeweils zugeordnet sind. Denn wenn Picasso etwas aus den Kunstwerken der Vergangenheit herausgearbeitet hat, dann die Widersprüche und Widerhaken, die sie für die Wahrnehmung bereithalten, jetzt, in jeder Gegenwart.

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