zum Hauptinhalt
Die Cellistin Marie-Elisabeth Hecker und der Pianist Martin Helmchen leben im Landkreis Dahme-Spree in einer 150 Jahre alten Mühle

© Ole Schwarz

Neues Klassikfestival im Spreewald: Alles fließt

Sie sind Klassik-Stars und Wahl-Brandenburger: Die Cellistin Marie-Elisabeth Hecker und der Pianist Martin Helmchen starten ein neues Kammermusik-Festival im Spreewald.

Manchmal muss man das Richtige zur falschen Zeit machen: Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen haben vier Kinder im Kita- und Grundschulalter, außerdem laufen ihre Karrieren auf Hochtouren. Sie ist als Cellistin international ebenso gefragt wie er als Pianist. Da bleibt für die Gründung eines Festivals eigentlich gar keine Zeit.

Und doch haben es die beiden Klassik-Künstler jetzt gewagt: Mit Unterstützung der „Brandenburgischen Sommerkonzerte“ veranstalten sie vom 8. bis 15. Juli in der Spreewaldregion erstmals das „Fliessen“-Festival für hochkarätige Kammermusik. „Es war ein Jetzt-oder-Nie-Moment“, sagt Marie Elisabeth Hecker. Die Möglichkeit, Fördergelder zu erhalten, gab den letzten Motivationskick, um das lange schon geplante Wagnis einzugehen. „Es ist verrückt, aber man wird sich später glücklich daran erinnern.“

Familiäre Atmosphäre

Das Herzstück des „Fliessen“-Festivals wird die 150 Jahre alte Drauschemühle in Bornsdorf sein, ein kleiner Flecken, der zum Ort Heideblick im Landkreis Dahme-Spreewald gehört.  Dort wohnen die Cellistin und der Pianist mit ihren Kindern, die Scheune neben dem Haus wird zum Proben- und auch zum Konzertsaal. Und die Künstlerfreunde aus aller Welt, die sich Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen zum gemeinsamen Musizieren eingeladen haben, dürfen gerne ihren eigenen Nachwuchs mitbringen. Mit von der Landpartie sin Stars wie Antja Weithaas, Christian Tetzlaff, Harriet Krijgh und Alexander Melnikow.

Die Cellistin Marie-Elisabeth Hecker und der Pianist Martin Helmchen leben im Landkreis Dahme-Spree in einer 150 Jahre alten Mühle

© Ole Schwarz

„Das A und O ist die familiäre Atmosphäre“, sagt die Cellistin, „untereinander, aber auch in der Beziehung zum Publikum. Wir wollen nahbar sein, gerade für Menschen, denen die Dresscodes und ungeschriebenen Verhaltensregeln eines klassischen Konzerts suspekt sind.“ Und Martin Helmchen ergänzt: „Wir werden nicht als Ufo in der Provinz laden, sondern die Leute einbinden, die hier leben. Alle, die uns besuchen, sollen spüren: Das hat auch mit mir zu tun.“

Alles ist im Fluss in der Lausitz

Entsprechend vieldeutig gewählt ist der Festival-Titel: „Fliessen“, das macht natürlich das Wasser, das im Bach hinter der Drauschemühle plätschert, ebenso wie die Töne in einem live gespielten Musikstück. Man kann aber auch an die Fließe denken, auf denen die Spreewaldkähne fahren, und nicht zuletzt auch daran, dass in der Region alles im Fluss ist. Die Lausitz steht vor enormen Herausforderungen, vom Zentrum der Braunkohleverstromung soll sie sich zum Innovationstreiber wandeln und zum Vorbild für die Gewinnung erneuerbarer Energien.

Das A und O ist die familiäre Atmosphäre. Wir wollen nahbar sein.

Cellistin und Festivalgründerin Marie-Elisabeth Hecker

Vor jedem Konzert wird es darum Gesprächsrunden zu gesellschaftlich relevanten Themen geben – mit denen anschließend die Musikauswahl korrespondiert. Zur Eröffnung am Samstag geht es beispielsweise um die Themenfelder Natur und Klimaschutz, neben dem berühmten Forellenquintett von Schubert werden Lili Boulangers Frühlingsmorgen-Stück „D’un matin de printemps“, Dvoraks „Waldesruh“ sowie „La merle noir“ von Olivier Messiaen erklingen, eine Komposition, zu der sich der französische Komponist vom Gesang der Amseln inspirieren ließ.

Die wechselnden Besetzungen in jedem Konzert sind ein toller Luxus, der sich im normalen Konzertalltag fast nie realisieren lässt. Weil aber hier alle 15 Instrumentalist:innen gleichzeitig vor Ort sind, kann maximale Vielfalt geboten werden: In der fantastisch sanierten und zum Kulturzentrum ausgebauten ehemaligen Weberei von Finsterwalde gibt es ein Bläser-Trio und eines mit Klavier, Geige und Cello, dann eine vierhändige Pianofantasie, eine Violinsonate und zum Abschluss ein Oktett. In der Baruther Glashütte folgen auf Soli für Fagott beziehungsweise Schlagzeug ein Quintett und schließlich der vielstimmige musikalische Spaß des „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens.

Sieben Aufführungen an sechs verschiedenen Orten, dazu offene Proben und Diskussionsrunden – die Festivalwoche wird intensiv für Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen. Ein echtes musikalisch-organisatorisches Abenteuer. Danach aber wird wieder Ruhe einkehren in der Drauschemühle, diesem „ländlichen Paradies“, wie es der Pianist nennt, „wo das Leben gemächlich fließt“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false