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Die US-amerikanische Musikerin Taylor Swift.

© Universal

Neues Album von Taylor Swift: Tiefer in den Wald

Mit „Evermore“ setzt Taylor Swift die Folkpop-Erkundungen ihres vor fünf Monaten veröffentlichten Albums „Folklore“ fort. Es besticht vor allem durch die Texte.

Über die Feiertage zurück in die alte Heimat fahren, bei den Eltern einkehren, liebe Menschen treffen, die man schon seit Kindertagen kennt. „Going home for Christmas“ ist eine nicht nur in den USA viel besungene Tradition. Doch in diesem Pandemie-Winter wird bekanntlich davon abgeraten.

Für alle, die ungewollt zu Hause bleiben, gibt es jetzt einen guten Ablenkungssong, mit dem sie zumindest auf eine Fantasieheimreise gehen können. Er heißt „’Tis The Damn Season“. US-Popstar Taylor Swift erzählt darin zu einer schnell gepickten E-Gitarre von einer Frau, die über die Weihnachtstage ihre Familie besucht und dabei eine alte Liebe wiedertrifft, für die sie immer noch Gefühle hat.

Sie konnte nicht aufhören Songs zu schreiben

Plötzlich sieht sie den Lebensweg, den sie damals nicht eingeschlagen hat, mit anderen Augen: „And the road not taken looks real good now/ And it always leads to you in my hometown“ singt Swift im Refrain, wobei ihr Gesang Fahrt aufnimmt. Als sie den Part wenig später wiederholt, kommt eine Snare dazu, deren Schläge hüpfen wie ein aufgeregtes Herz.

Das knapp vier Minuten lange Lied funktioniert wie eine vertonte Kurzgeschichte, was auch für viele weitere Songs auf Taylor Swifts gerade veröffentlichtem neunten Studioalbum „Evermore“ gilt. Es ist bereits das zweite in diesem Jahr und erscheint wie schon „Folklore“ im Juli ohne große Vorankündigung.

Einige Stunden bevor das neue Album auf den Streamingportalen verfügbar war, veröffentlichte die 31-Jährige auf Instagram das Coverfoto und erklärte, dass sie und ihre musikalischen Partner des Vorgängerwerkes einfach nicht aufhören könnten Song zu schreiben. „Es fühlt sich an, als stünden wir am Rande des folkloristischen Waldes und hatten die Wahl: umzudrehen und zurückzugehen oder weiter in den Wald dieser Musik zu reisen. Wir haben uns entschlossen, tiefer hineinzuwandern.“

Taylor Swift bezeichnet „Evermore“ als „Schwesteralbum“ von „Folklore“, denn dessen folkpoppiges Konzept wird darauf fortgeführt. Auch das Personal ist weitgehend dasselbe geblieben: Maßgeblicher Produzent und Ko-Songwriter ist wieder Aaron Dessner von der US-Indierockband The National, auch Produzent Jack Antonoff und Musiker Justin Vernon alias Bon Iver sind wieder mit von der Partie.

Man merkt, dass die Chemie stimmt zwischen ihnen, denn auch beim zweiten Mal gelingt der Gruppe wieder eine runde, stimmige Platte, die das Feld zwischen Taylor Swifts früher Countrystar-Zeit und ihrem späteren Hochglanz-Pop auslotet.

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Das Klangbild prägen akustische Instrumente, dezente Streicherarrangements und eine große Gediegenheit. „Evermore“ schwört eine melancholische Atmosphäre herauf, bei der die Melodien zwar im nächsten Moment schon wieder aus dem Kopf geweht sind. Doch das ist nicht schlimm, denn für eine Stunde wärmen sie ganz prächtig. Und dann sind da ja noch die Texte, die das mitunter wenig prägnante Songwriting vergessen machen.

Taylor Swift zeigt sich als talentierte Erzählerin, etwa in „Champagne Problemes“, das von einer Frau handelt, die den Heiratsantrag ihres Verlobten ablehnt, wobei sowohl ihre mentalen Probleme aufscheinen als auch das soziale Umfeld des Paares.

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Vielleicht hatte die Protagonistin Angst ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie die Ich-Erzählerin der anrührenden Klavierballade „Tolerate It“, die ihre in Lieblosigkeit abgedriftete Beziehung beschreibt: „I made you my temple, my mural, my sky/ Now I’m begging for footnotes in the story of your life“. Am Ende deutet sie eine Trennung an, doch erstmal sitzt sie noch da und schaut ihren Partner an, der ihre Liebe nur noch toleriert.

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Sie könnte auch eine Affäre beginnen – ein Thema, das schon in „Folklore“ aufschien. Es wird wieder aufgenommen in „Ivy“, einem wunderschönen mit Banjo, Pedal Steel und Akustikgitarren instrumentierten Midtemposong, bei dem Bon Iver als Backgroundsänger zu hören ist. Eine prominentere Rolle darf er im Titelstück übernehmen: Mäandert dieses die ersten zweieinhalb Minuten noch etwas einförmig über einem Klaviermotiv herum, rüttelt er es mit seinem gedoppelten Klagefalsett plötzlich wach. Man meint, es sei sein Song – ein Effekt, den er schon bei „Exile“ vom Vorgänger hatte. Swift stemmt sich auch diesmal dagegen und es wird noch ein kraftvolles Duett.

Ihre Pop-Power blitzt auf „Evermore“ einige Male auf, etwa beim Eröffnungsstück „Willow“. Es wird von einem munter springenden Akustikgitarren-Motiv angetrieben wie man es von Ed Sheeran kennt. Das dazugehörige Video erzählt eine märchenhafte Liebesgeschichte rund um einen magischen Goldfaden. Perfekt für einen Kurzurlaub vom Lockdown-Blues.
[„Evermore“ erscheint bei Universal.]

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