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Skandalsommer 2022: ein Documenta-15-Plakat in Kassel.

© IMAGO/Fotostand / imago/Fotostand/Lammerschmidt

Neuer Wirbel um Documenta: Zwei Mitglieder verlassen Findungskommission

Die Documenta kommt nicht zur Ruhe: Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Mitglied des Findungsgremiums legt dieser sein Amt nun nieder, wie bereits zuvor eine israelische Künstlerin.

Nach den Antisemitismus-Vorwürfen gegen ihn ist der indische Schriftsteller und Kurator Ranjit Hoskoté aus der Findungskommission für die künstlerische Leitung der kommenden Ausgabe der Weltkunstausstellung in Kassel (12.6. bis 19.9. 2027) zurückgetreten. Zudem legte die israelische Künstlerin Bracha Lichtenberg Ettinger ihr Amt nieder – wegen der aktuellen Situation im Nahen Osten. Dies teilte die Documenta am Montag mit.

Hoskoté war in die Kritik geraten, weil er 2019 eine Petition mit dem Titel „BDS India“ unterzeichnet hatte. Dies hatte zuerst die „Süddeutsche“ berichtet. Die BDS-Bewegung ruft zum Boykott des Staates Israel und israelischer Produkte wegen des Vorgehens gegen Palästinenser auf, sie gilt als antisemitisch. Hoskoté habe in intensiven Gesprächen deutlich gemacht, dass er die Ziele des BDS ablehne und die Bewegung nicht unterstütze, so die Documenta mit. Er sei darüber hinaus um eine Stellungnahme gebeten, in der „Erwartung einer unmissverständlichen Distanzierung von seiner Unterschrift beziehungsweise den antisemitischen Inhalten des Statements“. Hierauf sei am Sonntag das Schreiben Hoskotés gefolgt, mit dem er seinen Rücktritt erklärte.

Bracha Lichtenberg Ettinger hatte nach Documenta-Angaben bereits am Freitag um ihren Rücktritt ersucht. Sie habe dabei betont, dass ihr Schritt in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Debatte um Hoskoté stehe. „Sie rekurriert dagegen auf die Schwierigkeiten, die es ihr bereitet, nach dem 7. Oktober 2023 und dem Beginn des Hamas-Terrors in Israel einen Beitrag zu der Arbeit der Findungskommission zu leisten“, heißt es seitens der Ausstellungs-Verantwortlichen. Zuvor habe sie deshalb um eine Unterbrechung des Findungsprozesses gebeten. Dazu sei es nicht gekommen, „mit Blick auf den sehr weit fortgeschrittenen Findungsprozess“, hieß es. Die Documenta habe unmittelbar nach dem Rücktritt weitere Gesprächsangebote unterbreitet.

Die ursprünglich sechsköpfige Findungskommission soll bis Ende dieses Jahres oder Anfang 2024 einen Kurator, eine Kuratorin oder ein Kollektiv für die 16. Documenta vorschlagen. Was die Rücktritte für den weiteren Prozess des Gremiums bezüglich Zeitplan und Zusammensetzung bedeutet, wird jetzt, wie es hieß, intensiv erörtert. Bei den übrigen Mitgliedern handelt es sich um Gong Yan, Direktorin der Power Station of Art in Schanghai, den in Paris tätigen Kurator und Publizisten Simon Njami, die österreichische Kuratorin und Dozentin Kathrin Rhomberg und María Inés Rodríguez, die als Museumschefin, Kuratorin und Stiftungsdirektorin in Brüssel und São Paulo arbeitet.

Bereits die Documenta fifteen war im Sommer 2022 von einem Antisemitismus-Eklat überschattet gewesen. Der Weg zu einer konsequenten Aufarbeitung des Skandals – um das Kuratorenkollektiv Ruangrupa und ein ausgestelltes Werk der Gruppe Taring Padi mit antisemitischen Inhalten – sei noch lang, erklärte Documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann. „Die Ereignisse des Sommer 2022 dürfen sich nicht wiederholen“, nur so könne ein echter Neuanfang gelingen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat angesichts der jüngsten Entwicklung mit Etatkürzungen gedroht, da eine Reform offenbar nicht gelingt. (dpa/epd/Tsp)

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