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So stellt sich der Berliner Zeichner Aike Arndt Gott beim Krebsekitzeln vor.

© Aike Arndt / Zwerchfell Verlag)

Neuer Comic von Aike Arndt: Wenn die Menschen nerven, kitzelt Gott Krebse

Der Berliner Comiczeichner Aike Arndt legt den dritten Band seiner „Gott“-Reihe vor und glänzt wieder mit hintersinnigem Humor – diesmal sogar in Farbe.

Von Markus Lippold

Loslassen können: die Kinder, die erwachsen werden, eine Beziehung, die nicht mehr funktioniert. Oder die eigene Schöpfung. „Gott hat sich aus der Sache ausgeklinkt“, heißt es in einer Geschichte in Aike Arndts neuem Comic „Der Mensch und Gott“ (Zwerchfell Verlag, 80 S., 15 €). Statt sich mit dem Menschen zu befassen, der sich gerade auf Gottes Kopfspitze angesiedelt hat, kitzelt er lieber die Krebse unter Wasser. Es ist einer der schönsten Momente in diesem Buch, das den dritten Teil der Reihe bildet. Und er gibt die Richtung des Bandes vor.

Gott hadert mit den Menschen, „diesen blöden Menschen mit ihren blöden Ideen“. Wieso erfinden Adam und Eva diese „festen Beziehungen“? Wieso bauen sie ein Restaurant und ein Möbelhaus auf Gottes Kopf? Und warum musste er den Menschen seine wahre Identität enthüllen?

„Gott ist ratloser geworden“, sagt der 1980 geborene Arndt, der seit Jahren in Berlin lebt und arbeitet, über den Comic. „Früher lieferte ich gerne eigene Ideen, wie zum Beispiel etwas entstanden sei oder warum irgendetwas so ist, wie es ist.“ Heute dagegen koexistiere Gott mit den Menschen, „sie machen ihr Ding und er seins“.

Manchmal taucht Gott ab und erfreut sich an Haien, Quallen und Walen.

© Aike Arndt / Zwerchfell Verlag

Es ist also kompliziert, aber auf amüsante, absurde, augenzwinkernde Art. Bereits in „Die Zeit und Gott“ (2010) und „Das Nichts und Gott“ (2015) sowie in der Kurzgeschichtensammlung „Verdammte Wirklichkeit“ (2022) hat Arndt tiefsinnige Fragen gestellt und in kleinen Geschichten beantwortet, mal slapstickhaft, mal skurril, mal hintersinnig, aber nie respektlos.

Den Lesern ist diese Version von Gott ans Herz gewachsen: ein Wesen ohne Geschlecht, in der Form eines Bienenkorbs, das neugierig die Welt erkundet, mit Mond und Wolken spricht oder mit WG-Kumpel Luzifer abhängt. Man konnte lernen, wie die Erde entstand (aus einem Klumpen schwarzer Materie, Kohlenstoff und Mehl), wie der Hai ins Meer kam und dass Regen penible Planung erfordert. Viele der Nebenfiguren tauchen auch im dritten Band auf.

Aber sonst ist einiges neu. Erstmals hat Arndt seine Geschichten koloriert. Das verleiht einigen Kapiteln eine wunderbare Pracht, wenn Gott durch einen prallgrünen Wald spaziert oder auf dem Meer Rollschuh fährt. An anderer Stelle dient die Farbgebung der Fokussierung auf die Figuren.

Schon „Das Nichts und Gott“ war ein zeichnerischer Fortschritt, nun gewinnen viele Motive durch Schraffuren an Tiefe, ohne die slapstickafte Leichtigkeit zu verlieren. Als Experimentierlabor hat Arndt während der Corona-Pandemie Instagram genutzt. Die dort geposteten gereimten Bilderreihen – „Gott als Kanne, Gott als Pfanne, Gott als Tanne“ – bringen den absurden Humor seiner Comicserie auf den Punkt.

Auch im Buch hinterlässt die Pandemie ihre Spuren, hier und da tauchen Masken auf. Vor allem aber durchzieht die Geschichten eine gewisse Skepsis den Menschen gegenüber. Lieber lacht Gott mit den Möwen, schwimmt mit den Quallen und rappt mit den Walen. Aber Menschen? Besser Abstand halten!

Seinen hintersinnigen Humor hat sich Arndt bewahrt. Das zeigt sich vor allem in der ersten Geschichte, in der der Zeichner selbst auftritt. Da fabuliert er, wie seine Bücher Zwerchfell reich gemacht haben. Die Wahrheit sieht leider anders aus: „Der Mensch und Gott“ gehört vorerst zu den letzten Büchern des Verlages. „Wir legen Zwerchfell auf Eis und werden keine neuen Bücher mehr akquirieren und veröffentlichen“, sagte Stefan Dinter kürzlich dem Tagesspiegel. Er führt zusammen mit Christopher Tauber den Verlag. Als Gründe nennt Dinter sowohl gestiegene Herstellungskosten als auch geringe Absatzzahlen.

Aber was wird aus Gott ohne Zwerchfell? Wird es weitere Abenteuer erleben? Wird es überhaupt noch gebraucht in der modernen Welt? „Mit Sicherheit ist etwas abgeschlossen“, sagt der Zeichner und verweist auf die lange Entstehungszeit des Bandes. Eine Hintertür lässt er sich aber offen: Er habe noch Unveröffentlichtes in seinen Skizzenbüchern, Fragmente und ganze Geschichten. „Mal schauen, was ich damit mache. Aber wer weiß, vielleicht gibt es in zehn Jahren gar keine Comics mehr. Und keine Verlage.“ Das wäre nun aber wirklich zu schade.

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