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Justin Doyle und der RIAS Kammerchor in der Philharmonie

© Foto: Fabian Schellhorn

Musikfest Berlin 2022: Englesklang

Der Rias Kammerchor fasziniert beim Musikfest Berlin mit barocken Meisterwerken

Das Elisabethanische Zeitalter wird beschworen mit dem Anthem „Sing joyfully unto God“ von William Byrd. Und Musik des großen Henry Purcell antwortet auf die mitten im Konzert überbrachte Nachricht vom Tod der Queen: „O sing unto the Lord a new song.“ Kompositionen aus der Epoche bedeutender englischer Musik hat der Rias Kammerchor in sein Programm zum Musikfest aufgenommen, und Purcell erklingt nun in der Philharmonie wie eine Huldigung an Königin Elizabeth II. aus ihrem Land.

Vom Affekt her sind die Werke heiter gestimmt, weil sie das Gotteslob feiern, „mit Drommeten und Posaunen“ bei Heinrich Schütz, „mit Pauken und Harfen“ bei Johann Sebastian Bach. Denn so klingt es bei dem hochbarocken Purcell: „The Lord is great“ und „The Lord is King“. „Singet dem Herrn ein neues Lied“ ist das Thema des Konzerts mit dem Titel „Psalmensinfonietta“, und die Stücke sind doppelchörig gesetzt. Bei Schütz beruht diese Praxis auf seiner Lehre bei Giovanni Gabrieli und dessen Kunst der Mehrchörigkeit, die in der venezianischen Kirche San Marco heimisch war.

Chefdirigent Justin Doyle beeindruckt

Auf dem Podium ist der Rias Kammerchor in zwei Abteilungen aufgestellt, die das Instrumentalensemble Promena in sich einschließen. Promena (Solostreicher und ein Tasteninstrument) besteht aus Mitgliedern der Alte-Musik-Szene und wird von der Isländerin Kristindottir angeführt. Aus Kompositionen für fünf bis acht Instrumentalstimmen ragt ihr Geigenton hervor. Der liebliche Darmsaiten-Klang erinnert an musizierende Engel auf alten Bildern.

Seit 2017 leitet Justin Doyle den international hochgeschätzten Profichor. In seinem Auftreten ist er der bescheidenste Chefdirigent, der sich denken lässt. Doyle beherrscht eine Zeichengebung aus Genauigkeit, wie ein Chorleiter sie braucht, und animierender musikalischer Vorstellungskraft. Das heißt in den „Psalmen Davids“ von Schütz, dem wichtigsten Vertreter der deutschen Musik im 17. Jahrhundert, dass die expressive Harmonik ebenso gefeiert wird wie die Sinnauslegung der biblischen Worte.

Die Interpretation der Bach-Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“ gelingt sensationell. Verblüffend die hohe Virtuosität der Koloratur. Der Schmelz der Menschenstimmen leuchtet aus ihrer quasi instrumentalen Führung und Phrasierung. Die Dynamik des stets transparenten Klanges, der die beiden Teile des Doppelchores verbindet, gehorcht dem Wort. „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“: Soprangekrönt wird das „Halleluja“ der Schlussfuge herausgeschleudert, um den Abend triumphal zu beenden.   

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