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Beatsteaks-Sänger Arnim Teutoburg-Weiß heizt den Fans in der Waldbühne ordentlich ein.

© Martin Müller/Imago

Beatsteaks in der Waldbühne: Mit dem Bengalo im Moshpit

Die Berliner Lokalmatadore Beatsteaks haben zu ihrem feurigen Auftritt in der Waldbühne namhafte Gäste mitgebracht: Plötzlich spielten auch noch die Ärzte.

Die Grandeur eines Entertainers erkennt man daran, dass er das Rampenlicht teilen kann. Das galt am Samstagabend auch für die Beatsteaks: Die Berliner haben sich eine headlinerwürdige Vorband ins Boot geholt. Fans der Hamburger Schule hätten schon nach dem Auftritt von Tocotronic glückselig den Heimweg antreten können. Das wäre allerdings ein Fehler gewesen, dann wäre ihnen das Duett von Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow und Beatsteaks-Frontman Arnim Teutoburg-Weiß entgangen, ebenso wie die beiden Deichkind-Sänger Philipp Grütering und Sebastian „Porky“ Dürre.

Der Moment, in dem die Berliner Lokalmatadore zeigen, dass sie keine Angst davor haben, dass ihnen jemand die Show spielt, ist aber die Zugabe. Zugaben auf Live-Konzerten sind ungefähr, was dem Marathonläufer die Zielgerade ist: Die anfängliche Anspannung ist überwunden, die Fans jubeln, der Lohn harter Arbeit. Diesen Platz abzugeben, zeugt von wahrer Größe. Und so sind die mehr als 20000 Fans in der ausverkauften Waldbühne ziemlich überrascht, dass dort nach einigen Umbauarbeiten nicht die fünf Beatsteaks stehen, sondern – Bela, Farin und Rod, besser bekannt als Die Ärzte.

Die Ränge der Waldbühne platzen aus allen Nähten

Für zwei Lieder übernehmen die Berliner Punkpop-Legenden die Waldbühne. Während die Gastgeber verschnaufen, spielen sie „Hurra“ und das mit eindeutiger Botschaft anmoderierte Anti-Nazi-Lied „Schrei nach Liebe“. Danach verabschieden sie sich mit dem Kommentar „Ist doch irgendwie geiler zuhause zu spielen als bei Rock am Ring“ – eine Anspielung auf die gerade erst angekündigten Aufritte bei Rock am Ring und Rock im Park, für das sich die Altpunks anscheinend warmspielen. Die Publikumsdichte passt immerhin schon mal.

Die Großzügigkeit, ihre Bühne komplett den Gästen zu überlassen, können die Beatsteaks sich bequem leisten: An keinem Punkt des Abends steht in Zweifel, wer hier der Headliner ist. Vor der Bühne tanzen mehrere hundert Fans Pogo, wie es für ein Metallica-Konzert würdig wäre. „Das hier ist nicht alltäglich“, sagt Teutoburg-Weiß zwischendurch sichtlich gerührt. Nicht nur ist es das bisher größte Solo-Konzert der Band, auch merkt man ihnen an, dass sie sich zuhause fühlen, auf einer Wellenlänge mit dem Publikum.

Mit dem spielen die Beatsteaks angeregt: Es braucht nur einen Gitarrenakkord von Bernd Kurtzke, um das Publikum in Jubel zu versetzen, etwa beim jammigen „Hello Joe“, dem schon titelgemäß prädestinierten Eingangssong. „Was machen eure Sprunggelenke?“, ruft Arnim Teutoburg-Weiß und schon hüpfen Zehntausende. Und noch ein Ansage: „Die Handys lassen wir heute mal in der Tasche, wir brauchen kein Instagram und kein Facebook – wir haben eine ganze Waldbühne voller geiler Leute.“

Beatsteaks-Konzerte sind inzwischen wie Klassentreffen

Das Handyverbot setzte sich nicht ganz durch, dennoch warten die „geilen Leute“ gebannt, was auf der Bühne passiert. Ein roter LED-Schriftzug mit einer Skyline zwischen dem B und dem S stellt die einzige Konstante in dem wilden Wechsel von Landstraßen und Häuserfassaden im Bühnenhintergrund, alten und neuen Songs sowie buntem Hawaiihemd und schwarzem Hemd dar: Spielen die Beatsteaks zu Beginn noch hauptsächlich alte Hits wie „Hand in Hand“, „Boombox“ und „Monster“, dominieren in der zweiten Hälfte die Songs vom jüngsten Album „Yours“ wie „Creep Magnet“, das Teutoburg-Weiß kurzerhand zur offiziellen Berlin-Hymne erklärt.

Berlin-Sprüche wie „Wir sind die Beatsteaks aus der Wuhlheide“ lassen diesen Abend zu einem riesigen Familientreffen werden. Ein Wiedersehen zwischen echten Berliner Jungs und den Menschen aus ihrer Stadt – und für die Zuschauer ein Klassentreffen mit der Band ihrer Jugend, mit der sie früher die Eltern nervten. Die kommen mittlerweile selbst zu den Beatsteaks, die auf ihrem letzten Album stärker auf sommerlichen Reggae und deutsche Texte setzten.

Bei „Hey Du“, einem Berlin-Song mit Miljö-Anstrich, gehen folgerichtig die Feuerzeuge in die Luft. Ein bisschen SO36-Anarchie muss aber trotzdem sein: Wie es bei den Beatsteaks schon Tradition ist, haben gewitzte Fans es geschafft, einen Bengalo in den Moshpit zu schmuggeln, den sie zu „Summer“ abbrennen. Und einmal wird es sogar besinnlich, als sie zu „I Don't Care As Long As You Sing“ ein Bild des kürzlich verstorbenen Seeed-Sängers Demba Nabé in den Hintergrund der Bühne projizieren. Die Beatsteaks meistern auch solche Momente zwischen Anteilnahme und Spiel mit dem Feuer auf ihre unnachahmliche Weise.

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