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Die Berliner Musikerin Masha Qrella.

© Sebastian Mayer, www.sebastianma

Masha Qrella im Lido: Schöne Störmanöver

Masha Qrella spielt nicht nur Verträumtes im Lido in Berlin. Sie mischt ihre Popharmonie immer wieder mit leichten Dissonanzen und Zerrklängen auf.

Zu Beginn des Abends wird es richtig laut. Eigentlich ist Masha Qrella ja eher für verträumten Indie Pop bekannt. Das Konzert beginnt sie mit ihren Musikern aber mit einem instrumentalen Intro, das eine gehörige Portion Postrock einfließen lässt. Und so abwegig ist das auch gar nicht, hat die Berliner Musikerin doch ihre Karriere bei den Bands Mina und Contriva in ebendiesem Genre begonnen.

Als dann aber die ersten Töne von „Ticket To My Heart“ erklingen, dem Eröffnungstrack ihres immer noch aktuellen Album „Keys“, ist wieder alles beim Alten am Sonntagabend im Lido. Qrellas Bass bildet das Rückgrat des Sounds, trocken und melodiös, ein perfekter Gegenpol zu ihrer klaren, sehr jugendlichen Stimme.

Die Songs des tollen Albums dominieren die Setlist, dazwischen streut Masha Qrella ein paar neue Titel . Die sind musikalisch denen auf ihrer jüngsten Veröffentlichung recht ähnlich: Die EP „Day After Day“ ist vor ein paar Wochen erschienen, Qrella singt hier erstmals auf Deutsch. Im Herbst soll ein Album folgen.

Sehr ruhig und noch melancholischer als sonst bei Qrella fällt der Song „Long Road“ aus; der Titeltrack der EP ist da weit interessanter. Als Grundlage dienen ein Textfragment von Heiner Müller, der wiederum David Bowie zitiert. Wieder gibt es einen sanft groovenden Bass und dezente Synthesizer, dazu einen eingängigen Refrain. Nach der Hälfte des Songs wechselt Qrella zu ihrem Mitmusiker an den Sampler: Plötzlich erklingen nicht mehr entspannte Popharmonien, sondern leicht dissonante Electronica, Dialogzeilen, Autohupen. So wird aus einem guten Song ein großartiger; die Strukturen brechen auf, bevor der Refrain ein letztes Mal einsetzt.

"Don't Stop The Dance" wird von einer Noise-Gitarre unterbrochen

Das Konzert ist immer dann am besten, wenn Qrella und ihre Band die Songs auf diese Weise dekonstruieren. Das eigentlich sehr tanzbare „Don’t Stop The Dance“ wird am Ende von einer Noise-Gitarre unterbrochen, immer heftiger, immer verzerrter – bis zu ohrenbetäubender Lautstärke. Der Sound ist vorzüglich: Der Bass bleibt glasklar und wummert trotzdem, das Schlagzeug groovt wunderbar trocken, die Gitarre schmerzt auch fortissimo nicht in den Ohren.

Leider ist das Lido nur halb voll. Marsha Qrella sagt zwar, es sei ein schöner Raum. Trotzdem wäre ein kleinerer Club wohl die bessere Wahl gewesen, schon wegen der Atmosphäre.

Elias Pietsch

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