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Der Dirigent Mariss Jansons.

© Marco Borggreve

Die Kandidaten der Berliner Philharmoniker (6): Mariss Jansons

Am 11. Mai wählen die Berliner Philharmoniker ihren neuen Chef. Bis zum 10. Mai stellen wir täglich einen Kandidaten vor. Heute: Mariss Jansons.

Mit welcher Entscheidung könnten alle Parteigänger leben, im Orchester und in der Klassikwelt? Es gibt nur einen infrage kommenden Dirigenten, dem ungeteilte Verehrung zuteil wird: Mariss Jansons. Jedes Orchester möchte mit ihm arbeiten, seine Auftritte sind unbestrittene Höhepunkte des Konzertlebens. Der Lette, in St. Petersburg und Wien ausgebildet, wurde früh von Karajan gefördert, hat mit der Selbststilisierung des Philharmoniker-Übermeisters und dessen Schönheit-vor-Wahrheit-Sound aber nichts gemein. Wenn Jansons Mahler oder Schostakowitsch dirigiert, erreichen seine Interpretationen eine Tiefe, in der menschliche und musikalische Einsichten verschmelzen.

Das Concertgebouw-Orchester und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks konnten unter Jansons Leitung zeigen, dass sie zur absoluten Spitzenklasse gehören. Seinen Vertrag in München hat er unmittelbar vor der Berliner Entscheidung doch noch einmal verlängert, bis 2021. Das galt bislang keineswegs als ausgemacht: Jansons macht keinen Hehl daraus, dass ihn die bayerische Entscheidung, keinen zusätzlichen Konzertsaal an der Isar zu bauen, verletzt hat. Er hätte ihn auch als Krönung seines Schaffens verstanden.

Was könnte in diesem Dirigentenleben nun noch folgen? Viele meinen die Antwort darauf zu wissen. Doch sie machen ihre Rechnung ohne einen Aspekt, den Jansons weder verschweigen will noch kann. Seit er 1996 auf offener Bühne einen schweren Herzinfarkt erlitten hat, muss der Maestro mit seinen Kräften haushalten. Das fällt ihm, der künstlerisch immer aufs Ganze geht, schwer. Andererseits: Seine Konzerte berühren letzte Dinge. Das müssen die Philharmoniker wollen – und aushalten.

Jansons dirigiert die Philharmoniker heute und am morgigen Sonntag, unmittelbar vor ihrer Wahl, mit einem Paradeprogramm: Bartok, Schostakowitsch und Ravel. Die Abende sind längst ausverkauft, aber am 10. Mai um 19.30 Uhr kann man die Konzertübertragung in fünf Berliner Kinos erleben. Tags darauf wird dann abgestimmt.

Bisher erschienen: Christian Thielemann, Andris Nelsons, Teodor Currentzis, Pablo Heras-Cassado und Riccardo Chailly.

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