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Seestück. Das Gemälde „Growth (Hafenkante 1. Version)“ von 2013.

© Vincenz Sala

Malerei von Hendrik Krawen: Wo das Auge nicht hinkommt

Malerei, die realistisch wie Fotografie wirkt: Hendrik Krawen zeigt seine detaillierten Werke in der Galerie Vincenz Sala.

Wasser sieht man keines, doch die schweren Tanker von Hendrik Krawen werden kaum auf dem Bildrand schwimmen. Das Meer breitet sich also aus, wo das Auge nicht hinkommt, und die Fantasie malt das Motiv weiter. Unter türkisem Himmel erstreckt es sich endlos, man imaginiert Leere, Ferne, einen Moment ziellosen Innehaltens. Dann kommt das Autobahnkreuz: Wie ein Ufo schwebt das Kleeblatt aus Asphalt über der Szenerie und macht alles zunichte, was man sich bis dahin zusammengereimt hat.

Kunst kommt auch von Konstrukt. Bei Krawen, der aktuell in der Galerie Vincenz Sala in Wilmersdorf ausstellt – und nicht bei Klosterfelde Edition auf der Potsdamer Straße, wo der Schriftzug der einstigen Schreibwarenhandlung noch über den Fenstern prangt und öfter für Verwirrung sorgt –, ist das besonders sichtbar. Und extra verwirrend, denn Krawens Malerei (Preise: 850–24000 Euro) wirkt realistisch wie Fotografie. Ihre minutiöse Ausführung scheint die Echtheit der abgebildeten Dinge zu verbürgen. Das Setting wiederum ist so absurd, dass man sich unversehens in das Universum eines Surrealisten katapultiert fühlt. Wie aus der Zeit gefallen in einer Kunstwelt, in der manchmal schon eine Geste genügt, um ein riesiges Bildformat zu füllen.

Der Künstler malt, was ihn fasziniert

Diese Zeitlosigkeit passt allerdings sehr gut zu Hendrik Krawen. Seine Biografie: Jahrgang 1963, Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Alfonso Hüppi, 1995 Barkenhoff-Stipendiat in Worpswede, zahllose Ausstellungen im Rheinland, in Berlin und auf Mallorca. Wer in den Katalog „Lexicon Discothek Bon“ schaut, den das Leopold-Hoesch-Museum Düren 1996 parallel zu seiner Solopräsentation herausgegeben hat, der sieht: Schiffe und Horizonte voll schwebender Formen. Manche sind abstrakt, andere unverkennbar Löffel voll Zucker oder brennende Zündhölzer.

Der Künstler malt beständig, was ihn fasziniert. Genauer, detaillierter ist er über die Zeit geworden – so sehr, dass er aus Bildern ruinöser Gebäude noch einmal das Mauerwerk en detail destilliert, um es ebenso akribisch wie liebevoll in einer weiteren Arbeit zu wiederholen. Krawen verschränkt Zeichnung mit Collage, zwingt locker zusammen, was nicht zusammen gehört. Auch das klingt wie ein Widerspruch, löst sich jedoch im wechselseitigen Spiel von Abbildung und Abgebildetem, der Täuschung und daraus resultierenden Offenbarung paralleler malerischer Universen auf. Die Bilder von Hendrik Krawen zeigen so wenig. Gleichzeitig sind sie von einer Fülle, die alles weitere überflüssig machen.

Galerie Vincenz Sala, Sigmaringer Str. 23; bis 10. 5., Mi–Fr 15–20 Uhr und nach Absprache

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