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© dpa/Hendrik Schmidt

Die Sprache von Friedrich Merz : Was die Wortwahl verrät

Auffällig an den Sätzen von Friedrich Merz zu Asylbewerbern und Zahnbehandlungen ist auch eine sprachliche Wendung. Sie hat es in sich. 

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

An kleinen Varianten der Umgangssprache lassen sich große Unterschiede ablesen. Und auch solche kleinen Varianten eignen sich zur politischen Manipulation.

Hören wir noch mal genau hin, was Friedrich Merz bekundet hat, über Einheimische, Auswärtige und Zähne. Abgelehnte Asylbewerber, Tausende von ihnen, „sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine“.

Davon abgesehen, dass die Sache faktisch so nicht stimmt, weder die von ihm genannten Zahlen noch die Benachteiligung deutscher Versicherter, mischt er in seine Wortwahl kleine Markierer ein. Ebensolche Varianten.

Eine bürgerliche Frau sagt: „Ich gehe zum Friseur“, „ich war bei der Maniküre“ oder „bei der Kosmetikerin“. Auf keinen Fall würde sie sich ausdrücken wie eine Frau aus der unteren Mittelklasse, die über ihre kleinen Ausflüge aus dem Alltag anders spricht. Sie tendiert eher zu Sätzen wie: „Ich lasse mir die Haare machen“ oder „ich lasse mir die Nägel machen“ oder „hab mir die Wimpern machen lassen“.

Erst recht gelten solche sprachlichen Klassenunterschiede für Termine beim Zahnarzt. „Ich gehe morgen zum Zahnarzt“, heißt es im Bildungsbürgertum, und allenfalls konkreter: „Ich bekomme eine Keramikkrone.“ Auf keinen Fall wäre hier zu hören: „Ich lasse mir die Zähne machen.“

Mit dieser Ausdrucksweise hat sich der Politiker Merz direkt bei denen bedient, denen sein Appell zu Neid und Ressentiment gilt: genau denen, für die es ein Anzeichen von Prestige ist, sich „die Zähne machen zu lassen“.

Aus den Worten geht hervor, dass man sich, wie beim Friseur, bedienen lassen kann, dass man ein Kunde ist, der sich einiges an Service gönnen und leisten kann.

Sich die Zähne „neu machen lassen“, wie Merz diese Wendung verwendet hat, mit der Betonung auf „neu“, fungiert als Anspielung auf ebenden darin versteckten Luxus, auf das Überflüssige, das, was in der Not gar nicht nottut.

Alle, die sich bei Dienstleistern etwas an ihrem Körper „machen lassen“ und auf diese Weise darüber sprechen, erfassen die implizite Aussage: Für uns ist das eine besondere Sache, ein Privileg, und die kassieren das einfach so ab. Sie tun das im Rahmen dessen, was Merz als „die volle Heilfürsorge“ kritisiert. Eine weitere Wendung, mit der die Beschäftigung lohnt.    

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