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Stahlblaue Augen. Paul Klee porträtierte 1939 seinen Freund Emil Nolde (Kleisterfarbe und Bleistift auf Papier auf Karton).

© Privatbesitz Schweiz, Depositum im Zentrum Paul Klee, Bern

Kunst im NS-Regime: Wie linientreu war der Expressionismus im Dritten Reich?

Der Kolloquiumsband zur Emil Nolde-Ausstellung wirft ein neues Licht auf den Streit um die Rolle der Kunst im Dritten Reich.

Etwas im Schatten der großen Nolde-Ausstellung im Hamburger Bahnhof stand das Kolloquium im Mai vergangenen Jahres. Unter dem Titel „Unbewältigt? Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus“ wurde im Hamburger Bahnhof und im Brücke-Museum das Verhältnis des NS-Regimes zur modernen, als „entartet“ verfemten Kunst untersucht.

War die strenge Dichotomie von NS-Diktatur und Moderne bereits in den vorangehenden Jahren zunehmend infrage gestellt, so wurden nun Handlungsspielräume wie Anpassungen genauer betrachtet. Damit kam die Nachkriegszeit in den Blick, in der „Heldengeschichten der Moderne“ erzählt und verfestigt wurden. Emil Nolde und der Expressionismus spielen dabei eine herausragende Rolle.

Anpassungsfähig. Emil Nolde trat 1934 in die NSDAP ein.
Anpassungsfähig. Emil Nolde trat 1934 in die NSDAP ein.

© Nolde Stiftung Seebüll

Dem Kunsthandel zur Zeit des NS-Regimes war eine weiterer Schwerpunkt gewidmet, in der die ambivalente Rolle des Beckmann-Förderers Erhard Göpel zur Sprache kam. Gleichwohl kann von einer „Gleichschaltung“ der Kunst im NS-Regime nicht gesprochen werden.

„Auch in diesem System“, so Wolfram Pyta, „blieb das Feld der Kunst ein umkämpftes Terrain, in dem konträre Auffassungen miteinander wetteiferten und politische Gefolgschaftstreue allein noch nicht Protektion durch den NS-Staat verbürgte.“ Auch dafür steht der sich missverstanden fühlende NS-Sympathisant Nolde.

Die überarbeiteten Vorträge des Kolloquiums, 21 an der Zahl, und die abschließende Podiumsdiskussion in Mitschrift liegen nun in dem Band „Unbewältigt? Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus“ vor, den die Ferdinand Möller Stiftung finanziert hat wie zuvor schon das Kolloquium selbst.

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Vor mehr als zwei Jahrzehnten hatte die Stiftung bereits das thematisch verwandte Kolloquium zum Verhältnis von Moderne und NS-Regime unter dem Titel „Überbrückt“ veranstaltet und die Vorträge in Buchform veröffentlicht.

Mit beiden Bänden ist jetzt ein reiches Forschungsmaterial zur Hand, ohne dass ein abschließendes Urteil möglich wäre. Im Gegenteil: Die Frage nach der Kunst im „Dritten Reich“ wird, um Wolfram Pytas Urteil aufzugreifen, wie diese selbst ein „umkämpftes Terrain“ bleiben. Nur die Frontverläufe sind mit Hilfe der beiden Publikationen sehr viel deutlicher auszumachen.

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