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Mehr Zeit für das Gemeinsame. Lehrerin am Klavier.

© Sebastian Gollnow/dpa

Kulturtipps fürs Home Office: Die Coronakrise als Chance selbst zu musizieren

Was tun, wenn alles schließt? Wir empfehlen hier täglich Kulturerlebnisse für Zuhause. Diesmal: das eigene Klavier.

Seit einer halben Ewigkeit schon wollte ich den Klavierstimmer anrufen. Jetzt, wo das Virus dem Hausmusikmachen eine unerwartete Renaissance beschert hat, war der rechte Moment. Unser Klavierstimmer ist ein hoch angesehener Spezialist, schon ewig im Geschäft, mehrere Wochen Wartezeit auf einen Termin sind da normal.

Doch diesmal meldet er sich sofort zurück: Die Pandemie hat seine Urlaubspläne durchkreuzt, er hat darum Kapazitäten und könnte schon morgen kommen.

Jetzt sitzt er an der Tastatur und arbeitet sich durch die Oktaven, Halbton für Halbton. Noch klingt es grauenvoll verstimmt, bald aber wird das fotogene Instrument mit seinen Jugendstilelementen auch wieder schön klingen. Wohltemperiert. Harmonisch.

Viel zu wenig habe ich selber gespielt in den vergangenen Jahren, immer lockte irgendwo ein Live-Kulturereignis, der Aufritt eines Stars, das Berlin-Debüt einer vielversprechenden jungen Künstlerin, die Konzertreihe eines geschätzten Chefdirigenten.

Vor Ort sein und aufregende, erhebende, erschütternde Abende miterleben, das ist toll. Selber Noten zum Leben zu erwecken, ist definitiv anstrengender. Aber auch erfüllend – weil man nicht nur konsumiert, sondern aktiv wird. Und sich im Idealfall sogar als kreativ wahrnimmt.

Zusammen spielen

Das Klavier hat zuletzt vor allem mein Sohn genutzt. Er übt nicht viel, aber er hält durch, was mitten in der Pubertät schon ein Riesenerfolg ist. Sogar sein Unterricht kann derzeit noch stattfinden, weil die Lehrerin in ihrem Raum zwei Instrumente hat, sodass sie genug Abstand wahren kann. Am Flügel sitzt der Schüler, vom Klavier aus kann sie Tipps geben und Passagen vorspielen.

Pling, pling, pling. Der Klavierstimmer hat sich mittlerweile schon in die hohen, hellen Regionen vorgearbeitet. Wenn er fertig ist, sind wir dran, mein Sohn und ich. Vielleicht setzen wir uns sogar mal gemeinsam an die Tasten.

Beim Aufräumen des Notenregals ist mir neulich ein Band in die Hände gefallen, den ich 1990 aus der Konkursmasse der DDR erworben habe: „Wir lieben das Leben. Lieder zur Feiergestaltung“. Noch herrscht zwar alles andere als Partystimmung – aber man kann ja gar nicht früh genug anfangen, sich auf die nächsten freudigen Ereignisse vorzubereiten. Vor allem bei unserem Übetempo.

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