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Martyn Brabbins bei einer Probe mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.

© Peter Meisel

Konzert des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin: Vom Licht ins Dunkle

Der britische Dirigent Martyn Brabbins dirigiert im Konzerthaus einen Abend mit Musik von Mendelssohn und Strawinsky.

Ach, dieser Überschwang, diese scheinbar ungezügelte Lebensfreude und Heiterkeit! Felix Mendelssohn Bartholdy hat in seiner A-Dur-Symphonie, der „Italienischen“, einen Weg gefunden, seine Eindrücke des Südens nicht etwa simpel-programmmusikalisch abzubilden, sondern sie zu reflektieren und künstlerisch fruchtbar zu machen.

Und auch wenn das Rundfunk-Sinfonieorchester im Konzerthaus selbstverständlich in der von ihm vorgesehenen Besetzung spielt – und Orchester waren um 1830 nun mal deutlich kleiner als später bei Wagner, Bruckner, Strauss – ertappt man sich doch bei dem Wunsch nach einer Aufpolsterung, nach noch mehr Streichern und Bläsern, um diesem musikalischen Geniestreich so richtig gerecht zu werden.

Feurige Impulse

Der für Andrew Davis eingesprungene, BBC Proms-erfahrene Brite Martyn Brabbins dirigiert solide und geerdet, lässt den Klang am Ende des langsamen zweiten Satzes quasi hinaustappsen und befeuert die energischen Impulse, die den Saltarello-Tanz im Finale prägen.

In den anschließenden, herrlichen drei geistlichen Liedern von Mendelssohn brilliert der von Philipp Ahmann einstudierte Rundfunkchor ein weiteres Mal mit dynamisch fein gestaffeltem Gesang, Solistin Deniz Uzun steuert einen kraftvoll schillernden Mezzosopran bei, auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist, sie mit dem Tablet in der Hand singen zu sehen.

Gewöhnungsbedürftig sind auch nach 100 Jahren noch Igor Strawinskys zehnminütige drei „Bläsersinfonien“, die auf Streicher verzichten. Vielleicht muss man das anders präsentieren, nicht so lieblos. Die RSB-Musiker sitzen ganz hinten, wo sie eben immer sitzen, wie abgeschoben hinter zwei Klavieren, die bereits für Strawinskys Psalmensinfonie gebraucht werden.

Vor ihnen klafft eine riesige Leere, die extradick drauf aufmerksam macht, was fehlt: die Streicher. Würde man die Bläser mehr in den Mittelpunkt rücken, klänge es womöglich auch besser, das Auge hört mit. Macht natürlich mehr Aufwand beim Umbau.

Dann also die archaisierende, auf der Verschränkung zweier Terzen aufgebaute Psalmensinfonie, mehr Chorwerk mit Orchester als umgekehrt. Mit ein paar tiefen Streichern jetzt, die jedoch keine Chance haben. Sie gehen komplett auf in dieser biblische Urzeiten evozierenden Klanggewalt, die die lichtdurchflutete mendelssohnschen Fröhlichkeit, mit der der Abend begann, pulverisiert.

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