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Republikaner gegen Demokraten: Die liberalen Eliten machen Jagd auf Crystal (Betty Gilpin).

© Universal

Kontroverse Satire "The Hunt" im Stream: Trump-Wähler als Freiwild

Die Horrorsatire „The Hunt“ war in den USA umstritten. Jetzt ist der Film in Deutschland auf Streamingportalen verfügbar.

Von Andreas Busche

Im Koordinatensystem von Donald Trumps Amerika ist selbst an guten Tagen die Differenz von Politik und Satire mit bloßem Auge kaum noch zu erkennen. Die Sprache ist brutalisiert, Fakten werden politisch aufgerüstet. Die Medien haben Probleme, mit dieser Eskalationsrhetorik mitzuhalten, die Filmindustrie, in der man sich viel auf die eigene Liberalität einbildet, ist machtlos; im Moment plagen sie ohnehin andere Sorgen.

Da kommt Craig Zobels blutige Satire „The Hunt“ gerade wie eine Zeitkapsel angerauscht. Die Vorgeschichte des Films ist länger als die Inhaltsangabe, die schon vor dem ursprünglichen Kinostart im Sommer für Missverständnisse gesorgt hat. Eine Gruppe reicher, weißer, liberaler Amerikanerinnen und Amerikaner verschleppt Trump-Wähler in die Wildnis und macht Jagd auf die „Elenden“ – ein Wahlkampfbegriff Hillary Clintons für die „MAGA“-Käppiträger.

Trump sah sein altes Feindbild – Hollywood und die liberalen Fake-Medien – bestätigt, ohne den Film gesehen zu haben. Auf Twitter nannte er die Filmindustrie „rassistisch“, Hollywood sei „voller Hass“ und würde die Demokraten zur Gewalt anstacheln. Pikanterweise hatte eine Woche zuvor ein Amokläufer in Texas 22 Menschen getötet, seine Antwort auf die „hispanische Invasion“. Das Studio Universal bewies, anders als der Präsident, Pietät und verschob den Kinostart in den März. Dann kam die Coronakrise.

Genrefilm mit politischer Agenda

Seit Donnerstag ist „The Hunt“ auch in Deutschland auf diversen Streamingportalen verfügbar; es lohnt sich, Zobels Film mit zeitlichem Abstand und im Ruhepulsmodus zu sehen. Produzent Jason Blum war in den vergangenen Jahren mit „Get Out“ und „Der Unsichtbare“ tatsächlich für pointierte Genrefilme mit politischer Agenda verantwortlich, aber wenn überhaupt ist es, wie schon in der Rassismussatire „Get Out“, das liberale Amerika, das hier schlecht wegkommt.

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Zwar bedient die „Beute“ jedes Klischee vom gemeinen Trump-Wähler – Kriegsveteranen, Waffennarren, Vorstadtmütter, Verschwörungsblogger –, aber die eigentlichen Knallchargen sind in „The Hunt“ die „liberalen Eliten“, die ihre zwölf Kandidaten sorgfältig kuratieren, den einzigen Afroamerikaner aber aus politisch-korrekten Gründen aussortieren. Schwarze Trump-Fans sind der blinde Fleck im liberalen Gewissen, obwohl gerade in diesem demografischen Spektrum Trump mit dem Gehirnchirurgen Ben Carson und dem Law-and-Order-Sheriff David Clarke einige schillernde Exemplare aufgetan hat.

Eine reife Zeit für Verschwörungstheorien

Es mutet naiv an, dass Zobel und seine Autoren Damon Lindelof („Lost“) und Nick Cuse nicht ahnten, welche Wellen „The Hunt“ in der aufgeheizten Stimmung in den USA schlagen könnte; ein Film über reiche Amerikaner (angeführt von Hilary Swank), die in ihrer Freizeit Jagd auf unterprivilegierte „Heartland“-Einwohner machen, setzt in einer Zeit, in der Verschwörungstheorien wie „Pizzagate“ (die Clintons betreiben aus einer Pizzeria einen Pädophilenring) von Fox News verbreitet werden, Reizpunkte.

„The Hunt“ ist keine subtile Satire, sondern ein rabiates B-Movie mit blutigen Schockeffekten, das so ziemlich jedes Klischee über das liberale Amerika und Trump-Fans abhakt. „Übrigens, der Klimawandel ist real“, brüllt einer der Jäger sein Opfer an, nachdem er ihm eine Kugel in den Kopf gejagt hat. In gewisser Weise spiegelt Zobels Film die Stimmung im Land wieder, wie auch gerade in der Coronakrise zu sehen ist. Republikaner trauen Demokraten alles zu – und umgekehrt. Der Unterschied besteht darin, dass der Präsident das, was er sagt, meistens ernst meint.
Jetzt verfügbar auf Streamingportalen

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