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© Andrew Medichini/dpa

Kirchenpolitik Antik: Der Papst setzt Reviergrenzen

Papst Franziskus will dem orthodoxen Erzbischof von Athen drei Fragmente aus dem Parthenon schenken.

Es ist reichlich ironisch: Papst Franziskus, das Oberhaupt der Katholischen Kirche, will dem orthodoxen Erzbischof von Athen, Hieronymus II., drei Fragmente jener Reliefs schenken, die einst den Parthenon auf der Akropolis in Athen schmückten. Also jenes auch als Ruine bis heute so faszinierende, im fünften Jahrhundert vor Christi Geburt errichtete Schatzhaus und Heiligtum der griechisch-antiken, jungfräulichen Athena, die die Römer als Göttin Minerva verehrten.

Es handelt sich um eisenharte Kirchenpolitik. Über Jahrhunderte wurde auch der Kult der Athena brutal von den Christen bekämpft. Ihre prachtvollen Tempel wurden geschändet und die Kultfiguren zerstört, die Bauten abgerissen oder radikal umgebaut. Im Parthenon stand zeitweilig eine Kirche der Heiligen Jungfrau Maria.

Erst im 18. Jahrhundert entdeckten westliche Architekturenthusiasten den Bau wieder, publizierten seine Schönheit in prachtvollen Kupferstichen. Die von Lord Elgin nach London verbrachten Reliefs und Giebelskulpturen sowie ihre nach 1816 angefertigten Gipsabgüsse verbreiteten sich in kürzester Zeit in den Museen Europas, Nord- und Südamerikas.

Der Parthenon wurde so zum Teil jenes rationalen Klassizismus, ohne den die Moderne und ihre Skepsis gegenüber allem Glauben nicht zu denken ist. Außerdem legitimierten diese Kunstwerke aus westlicher Sicht 1830 die Gründung eines modernen Griechenland, das seither nicht als Teil „des Orient“ wahrgenommen wird wie alle anderen Nachfolgestaaten des Osmanischen Kaiserreichs.

Doch für den Vatikan dreht es sich nicht um diese moderne Griechenverehrung des Westens. Es geht auch keineswegs um einen Versuch der christlichen Kirchen, bei den vielen als „heidnisch” verfolgten Kulturen und Religionen in aller Welt um Verzeihung zu bitten.

Hier handelt es sich vielmehr um kirchenpolitische Revierabgrenzung: Mit der Übergabe der Parthenon-Reliefs akzeptiert der Papst den Anspruch der griechischen Orthodoxie, die einzig legitime Kirche der Griechen zu sein - mit der einzig legitimen Religion. Ein zutiefst antimoderner, ja nationalistischer Anspruch. Aber vielleicht ändert sich das ja mit den Reliefs der antiken Göttin der Weisheit und Toleranz in der Hand.

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