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Bären ernten: Die begehrten Trophäen harren schon ihrer künftigen Besitzer.

© dpa

Berlinale: Die Preisverleihung: Kein Favorit, nirgends

... aber viele gute Filme: Am Samstag wird die Jury in Gold und Silber ausdrücken, was sie von der diesjährigen Berlinale hält. Zeit für eine höchst vorläufige Bären-Prognose.

Kritiker spotten gern, und dieser Wettbewerb 2015 bietet ihnen hierfür ungewöhnlich reichliches Material. Rund die Hälfte der 19 Filme sind immer wieder Gegenstand fraglos üblen Scherzens, bis hin zur Bärenfavoritenfrage. Technikpreis, Kategorie Schnitt? Klar, Sebastian Schippers ungeschnittener 140-Minüter. Bester männlicher Hauptdarsteller? Logo, die zarte Alba Rohrwacher in „Vergine Giurata“. Goldener Wüstenfuchs? Werner Herzog, haha.

Im Ernst: An Schwund hat es nicht gefehlt, richtig unübersichtlich aber wird es erst bei den guten Titeln. So könnte die finale Gala am Sonnabend im Berlinale-Palast zur Stunde der großen Unbekannten werden. Bleibt etwa „45 Years" von Andrew Haigh ohne Top-Preis, dann sollte zumindest eine Ehrung für die famose Charlotte Rampling drin sein. Kein Gold für „Ixcanul“, die eindrucksvolle Überraschung aus Guatemala? Dann bitteschön was Silbernes. Und „El Club“ aus Chile? Ähnlich stark, hart, konsequent wie „Aferim!“ aus Rumänien. Auch der schön schwebende vietnamesische Beitrag zum Wettbewerbsfinale machte Eindruck. Die Ränder der Filmwelt, plötzlich ganz in der Mitte.

Audrey Tautou? Kein Zuckerstückchen

Mäßig leidenschaftlich wird dagegen diskutiert, wie die Jury wohl mit den Deutschen umgeht. Andreas Dresen hätte mit „Als wir träumten“ Rückhalt bitter nötig, spürbar kühl wurde sein Zeitporträt auf dem Festival aufgenommen. Ob sich andererseits die scherzhaft um das größte Verrücktheitspotenzial wetteifernden Regisseure Darren Aronofsky (Jury-Vorsitz) und Bong Joon-ho von Sebastian Schippers Tour de force beeindrucken lassen? Immerhin eine Gelegenheit, der Jury substanziell auf den Puls zu fühlen. Eine nette Ausweichgeste wäre ein Darstellerpreis für Laia Costa, die Titel-„Victoria“, oder gleich fürs durch die Berliner Nacht taumelnde Ensemble.

Überhaupt, die starken Frauen. Es gibt sie in den Filmen, wo sie meist nachhaltiger Eindruck machen als ihre männlichen Pendants – „45 Years“, „Body“ oder „Ixcanul“ –, aber auch in der Jury. Claudia Llosa könnte ihre Stimme für den sanften, möglichst unverrückten Film erheben, und Audrey Tautou drohte schon zu Festivalbeginn, sie sei nur äußerlich ein Zuckerstückchen. Nur, wenn denn Kämpferin, wofür? Sehr unwahrscheinlich, dass „Nobody Wants the Night“, gedreht von einer Frau (Isabel Coixet) mit zwei Hauptdarstellerinnen (Juliette Binoche, Rinko Kikuchi) und existenziellem Frauenthema auf dem Siegerinnentreppchen landet. Das wäre wohl zu viel des Guten für zu viel des Gutgemeinten.

Ach, hätte ich fast vergessen: „Taxi“ eines gewissen Jafar Panahi. Richtig wichtig, richtig gut. Viel geredet haben wir zuletzt nicht über ihn, gespottet noch weniger, aber am Ende rollt er vielleicht locker an allen und allem vorbei, wie das Taxi in Teheran.

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