zum Hauptinhalt
Die Oscars. Dieses Jahr werden sie zum 95. Mal verliehen.

© AFP/ROBYN BECK

Wach bleiben als nationale Aufgabe: „Im Westen nichts Neues“ und die Oscar-Verleihung

Wenn in der Nacht von Sonntag auf Montag in Los Angeles die Oscars verliehen werden, heißt es für ganz Deutschland, die Daumen zu drücken. Auch Claudia Roth ist live mit dabei.

Ein Kommentar von Gerrit Bartels

Die Älteren unter uns dürften sich noch daran erinnern, als 1974 George Foreman und Muhammad Ali in Kinshasa gegeneinander boxten, um halb fünf Uhr morgens. Wach bleiben hieß es da oder den Wecker stellen, und das taten selbst die, die sich so gar nicht fürs Boxen interessierten. Der „Rumble in the Jungle“, wie dieser Kampf genannt wurde, war vorher schon prädestiniert dafür, in die Geschichtsbücher einzugehen.

Historischen Charakter hat auch die diesjährige Oscar-Verleihung in der Nacht von Sonntag auf Montag, zumindest hier in Deutschland. Man könnte davon sprechen, dass es geradezu eine nationale Aufgabe darstellt, diese Nacht aufzubleiben (oder wahlweise sich den Wecker zu stellen): Gleich neun Mal ist Edward Bergers Kriegs- und Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ nominiert worden.

Waltz, von Donnersmarck

Deshalb kann es nur mit dem Teufel zugehen, wenn nicht ein, zwei Oscars herumkämen und Deutschland nach Christoph Waltz und Florian Henkel von Donnersmarck gewissermaßen endlich wieder Oscar ist.

Von historisch ist es aber nicht nur vokaltechnisch ein gar nicht mal so weiter Weg zu hysterisch: Der Hype um den Berger-Film und die Oscars grenzt wenigstens in den Grundzügen daran. Wer bislang einen weiten Bogen um „Im Westen nichts Neues“ auf seinem Netflix-Account gemacht hat, kommt kaum umhin, ihn jetzt aber wirklich anzuschauen (sieben Baftas, neun Oscarnominerungen!, muss einfach gut sein).

Zumal die politischen Konnotationen des Films, seine Zeitgemäßheit nun auch von Kulturstaatsministerin Claudia Roth bekräftigt wurden, ihres Zeichens ausgewiesene Cineastin, bei Bedarf auch Literaturliebhaberin und Remarque-Kennerin: „Es ist durchaus auch ein politisches Signal und Zeichen gegen den Krieg mitten in Europa, gegen den menschenverachtenden Zynismus von Kriegstreibern wie Putin, dass ein Film mit dieser so grauenhaften Geschichte nach dem Roman von Erich Maria Remarque nominiert ist“.

Das sagte Roth am Freitag der Deutschen Presseagentur, um dann in einen Flieger nach L.A. zu steigen. Also: Die Nation bleibt wach, drückt Daumen, fiebert mit. Diese Sonntagnacht könnte nicht nur unvergesslich werden, sondern ist mindestens eine zeichensetzende, friedensbewegte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false