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Übertreiben aus Leidenschaft. Nicolas Cage als Holzfäller Red.

©  Koch Media

Im Kino: "Mandy": Amok mit Armbrust

Hommage an das Bahnhofskino: der durchgeknallte Horror-Fantasy-Film „Mandy“ mit Nicolas Cage.

Von Andreas Busche

Es gibt Genrefilme, die widersetzen sich jeder Genrezuschreibung. Und es gibt Stars, die können in Slapstickkomödien, Beziehungsdramen und Actionfilmen spielen und bilden doch stets ihr eigenes Genre. Wenn diese Sorte von Kino und Schauspieler aufeinandertreffen, kommt dabei wohl zwangsläufig ein Film wie „Mandy“ von Panos Cosmatos heraus: brutal und auf prätentiöse Weise lächerlich, trivial und lyrisch, eine Erlöserfantasie als Rachedrama, gemalt in den viskosen Farben (Blutrot, Nachtblau, Waldseegrün), die in Albträumen aus den Rissen und Sprüngen unseres Unbewussten hervorquellen.

Nicolas Cage hat wahrlich schon bessere Zeiten erlebt. In großen Rollen ist der Oscar-Gewinner nur noch selten zu sehen, stattdessen arbeitet er in den vergangenen 15 Jahren mit großer Akribie daran, seine persönliche Autorentheorie des Overactings zu verfeinern. Auf Youtube kursieren Clips aus seinen Filmen – und Interviews, in denen Cage eloquent seine „Methode“ erklärt.

Mit „Mandy“ kann er diesen Showreels nun noch ein paar denkwürdige Szenen hinzufügen. Er spielt den Holzfäller Red, der mit seiner Frau Mandy (Andrea Riseborough) in den Wäldern im amerikanischen Nordwesten lebt. Es könnte sich aber auch um eine „Mad Max“-Version von Mittelerde handeln oder das durchgeknallte Fantasy-Airbrush auf der Motorhaube eines aufgepimpten Sportwagens: Am Himmel steht bedrohlich eine glühende Sonne neben einem gigantischen Mond.

Mit der Streitaxt geht es auf Jagd

Mandy ist eine ätherische Erscheinung, die T-Shirts von Metalbands trägt (wir schreiben das Jahr 1983) und in ihrer Freizeit Bilder malt, die auch als Storyboards für das phantasmagorische Setdesign von Cosmatos dienen könnten. In diese idyllische Zweisamkeit platzt ein irrer Sektenführer mit seinen derangierten Schergen, die Mandy vor Reds Augen als Opfergabe verbrennen. Cage tut, was er am besten kann: Er läuft Amok. Schreit und heult, blutet und schwitzt, besorgt sich eine Armbrust, schmiedet sich eine stattliche Streitaxt wie aus den „Heavy Metal“-Comics von Leonard Mogel. Und dann geht er auf die Jagd.

Cosmatos hat sich schon mit seinem Regiedebüt „Beyond the Black Rainbow“ als stilistisch eigenwilliger Liebhaber von Pulp Fiction und Exploitationfilmen unter Genrefans einen Namen gemacht, „Mandy“ wurde dieses Jahr nach Cannes eingeladen, seitdem eilt ihm der Ruf eines Kultfilms voraus. In Deutschland wäre „Mandy“ trotzdem beinah nur als BluRay/DVD erschienen (über Koch Media, ab 22. November), aber der aufopferungsvolle Verleih Drop Out Cinema beschert dieser maß- und schamlosen Hommage an das Bahnhofskino der Achtziger nun doch noch einen Kinostart. Cosmatos’ Endzeit-Psychedelia gehört auf die große Leinwand.

In 15 Berliner Kino, OV: Cinestar im Sony Center, OmU: B-ware!, City Kino Wedding, Filmrauschpalast, Kulturbrauerei, Sputnik, Xenon, Z-inema, Zukunft

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