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Auf Geburtstagstournee. Marek Janowski.

© dpa

WDR Sinfonieorchester in Berlin: Im innersten Kreis

Ganz alte Schule: Marek Janowski und das WDR Sinfonieorchester mit einem reinen Beethoven-Programm in Berlin.

Ein so gediegener Abend mit klassischer Musik, dass es schon fast ans Altmodische, ja Bräsige grenzt: mäßig besetzter Saal. Ein Solokonzert von 1803, eine Symphonie von 1804. Wohlwollender Applaus mit einzelnen Juchzern, ein straff gebundener Blumenstrauß für den Solisten. Beethoven von früh bis spät, also von Anfang bis Ende des Programms – nur die Zugabe, die Seong-Jin Cho spielt, stammt von Mozart. Wenn es erlaubt wäre, Konzerte zu personifizieren, würde man mit Blick auf diesen Abend in der Philharmonie Georg Büchner zitieren, „er tat alles, wie es die andern taten, es war aber eine entsetzliche Leere in ihm“.

Marek Janowski, der gerade seinen 80. Geburtstag feierte, und das WDR Sinfonieorchester, mit dem er in diesen Tagen auf Geburtstagstournee ist, haben diese Zuschreibung selbstverständlich nicht verdient. Im Gegenteil, der Maestro kehrt mit dem Auftritt ja an die alte Stätte seines Wirkens zurück, war er doch von 2002 bis 2015 Chef des hiesigen Rundfunk-Sinfonieorchesters. Und die Zuneigung des Berliner Publikums ist auch jetzt noch zu spüren, genauso wie der Ruf, den sich der 1994 geborene Cho am Klavier erspielt hat, nicht zuletzt als Gewinner des Chopin-Wettbewerbs 2015.

Am Ende droht Verzettelungsgefahr

Allerdings kommt Cho bei Beethovens drittem Klavierkonzert gar nicht zum Zuge. Stattdessen ergibt sich die paradoxe Situation, dass ihm selbst der Solopart zu wenig Raum bietet. Schon überlegt man, ob die ganze Gattung einfach nichts für Cho ist, ob dieser vielleicht eher für einsame Recital-Abende geschaffen ist, bei denen sein klarer Anschlag, die makellose Technik, die kleinen, gelackten Raffinessen besser zur Geltung kommen – da beginnt der zweite Satz. Und Cho spielt ihn zu Anfang ganz allein, mit so schönen Echo- und Sehnsuchtseffekten und vielfarbigen Akkorden (die selbst nach dem Anschlag noch weiterzubrummen scheinen), dass man auf einmal gewahr wird, dass dieser Pianist einfach viel besser ist als dieses Orchester, das Cho bloß eine halbe Stunde lang zudeckelt mit Gewöhnlichkeit und Ideenlosigkeit.

Stimmiger gerät erwartungsgemäß die „Eroica“. Für Janowski, ganz alte Schule, stellt Beethovens Dritte gewiss das Innere des Kernrepertoires dar. Und sicher, die fugierten Passagen im Trauermarsch entfalten wie immer automatische Sogwirkung. Das Scherzo hebt geradezu raschelnd an, um dann schnell zu großer Geste aufzuklappen. Im ersten und letzten Satz aber droht Verzettelungsgefahr, sodass man unversehens nicht nur an den hohen Ton des Werkes denkt, sondern auch an die hohen dirigentischen Ansprüche, die es stellt.

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