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Paradiesvögel. Nessi Tausendschön und William Mackenzie.

© Uwe Würzburger

Nessi Tausendschön in der Bar jeder Vernunft: Humorslalom mit der Schmunzelhure

"Knietief im Paradies": Bei Nessi Tausendschön treffen in der Bar jeder Vernunft Gaga-Gesang und Wortspiel-Eskapaden auf feinen Klimperklang.

Sie verdient Geld damit, dass sie nervt. Ihr Erfolg, sagt Musikkabarettistin Nessi Tausendschön, sei die logische Konsequenz ihrer geistigen Durchdringung der Welt. Denn Bescheidenheit ist ihre Sache nicht. Und da die selbst ernannte Lustigkeitshure die Welt bereits durchdrungen hat, nimmt sie sich in der Bar jeder Vernunft Höheres vor: „Knietief im Paradies“ lautet der Titel ihres aktuellen Programms; eine Mischung aus „knietief in der Scheiße“ und eben dem Paradies. Dementsprechend ist der Abend eine Berg-und-Tal-Fahrt mit Tempo 180.

Die Spitzen des Programms: Tausendschöns Wortspiel-Eskapaden und Komposita-Achterbahnen. Ihre dadaistischen (oder zumindest gagaistischen) Gesangseinlagen, virtuos beklimpert von William Mackenzie an Gitarre, Ukulele und Omnichord, die sie mal jazzig, mal operettenhaft, mal schrill und mal melancholisch dahinschmettert. Sie stellt sich das Paradies als Garten voller melancholischer Kühe vor, die laktoseintolerante Milch geben, mit Nerzen, die Mäntel aus dicken Frauen tragen, und mit einem Mindestpreis von 8,50 Euro für Latte macchiato. Herrlich auch das Spiel einer Cybersex-Dienstleisterin, die berlinernd ihre Serviceangebote runterrattert. Klingt albern, ist es aber nicht. Zumindest zu Beginn nicht. Die Nummer beginnt witzig, originell und absurd, driftet dann jedoch ins Alberne. Bis hin zu Muschi- Katze-Witzen.

Tausendschöns kabarettistische Einlagen sind teilweise sehr banal

Auch ernste, pseudo-politische Parts funzen nicht so richtig. Tausendschön kritisiert, was Kabarettisten halt so kritisieren: Massenkonsum, Angela Merkels 180-Grad-Wenden, Schwulenfeindlichkeit. Und plötzlich hat sie, die sonst gespielt arrogant auf Klischees herabblickt, keine Scheu mehr, sich ihrer zu bedienen: „Politiker verwalten nur noch,/ denn mehr können sie nicht tun. / Und es ist ja auch viel leichter, sich auf den Lorbeer’n auszuruhn.“ Das ist banal und vorurteilsbeladen.

„Knietief im Paradies“ ist ein Feuerwerk abstruser und selbstironischer Pointen, aber auch voller Schenkelklopfer à la Mario Barth. Das Paradies sieht wahrscheinlich anders aus, aber das Paradies kommt im Programm ohnehin nur dann und wann mal vor. Es ist mehr wie das Leben auf der Erde – mal so, mal so. Aber mit einem verdammt guten Soundtrack.

wieder am 26. u. 27.8., 20 Uhr

Julius Heinrichs

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