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Einst war die von den Franzosen 1927 errichtete Fußgängerbrücke das Wahrzeichen der ostsyrischen Stadt Deir ez Zor. Am 17. August sprengten Regierungstruppen das historische Bauwerk.

© Reuters

Kulturgüter Syriens in Gefahr: Historische Hängebrücke von Deir ez-Zor zerstört

Syriens unzählige Kulturgüter geraten immer stärker in Gefahr. Jetzt wurde die historische Hängebrücke von Deir ez-Zor über den Euphrat zerstört

Die Fotos, die aus Syrien kommen, sind meist grauenhaft. Zerbombte Straßenzüge in Damaskus und Aleppo. In Homs wurde gerade der historische Soukh getroffen, auch die östliche Provinzstadt Deir ez-Zor weist grauenhafte Zerstörungen auf. Menschen in engen Häuserschluchten klettern über die Ruinen, Ergebnis der Bombardements der Regierung. Man wagt es kaum, angesichts der Zerstörungen, des menschlichen Leids und der vielen Toten an die Kulturgüter zu denken, die auch immer stärker in Gefahr geraten in einem Land, das wie kaum ein anderes in der Region reich an Kulturgüter vieler Epochen ist.

Deir-ez-Zor liegt am Euphrat im Osten Syriens, unweit der Stelle, wo der Chabur in den riesigen Strom mündet. Die einzige Sehenswürdigkeit dieser weit abgelegenen Stadt war die Hängebrücke. Sie war – muss man sagen – das Wahrzeichen der Stadt. Schließt man vom Zustand des Wahrzeichens auf die Stadt, dann ist es um Deir ez-Zor nicht gut bestellt.

Die Hängebrücke von Deir ez Zor über den Euphrat. Diese von der französischen Mandatsverwaltung 1927 errichtete Fußgängerbrücke - hier eine Aufnahme von 1977 - war lange Zeit die einzige Brücke über den Euphrat. Später wurde eine moderne Brücke parallel errichtet.
Die Hängebrücke von Deir ez Zor über den Euphrat. Diese von der französischen Mandatsverwaltung 1927 errichtete Fußgängerbrücke - hier eine Aufnahme von 1977 - war lange Zeit die einzige Brücke über den Euphrat. Später wurde eine moderne Brücke parallel errichtet.

© Rolf Brockschmidt

1927 wurde diese Fußgängerbrücke während der französischen Mandatszeit erbaut. Lange war es die einzige Brücke der Stadt über den Euphrat. Von hier aus fuhr man in Richtung Chabur, jenen Seitenfluss reich an Altertümern, der schon durch Baron Max von Oppenheims Reisen 1929/30 bekannt geworden ist. Am Chabur liegt auch Tell Schech Hamad, dessen Bedeutung 1977 von deutschen Archäologen durch zahlreiche Tontafelfunde en passant entdeckt wurde. 

Diese elegante Brücke war eigentlich eine Schrägseilbrücke – die von den Pylonen herab gespannten Seile kreuzen sich jeweils in der Mitte und bilden einen Knoten, der für diesen Brückentyp charakteristisch ist. Albert Gisclard hatte dieses System erfunden. Die Brücke von Deir ez-Zor galt als die letzte ihrer Art überhaupt. 460 Meter ist sie lang, beziehungsweise war sie lang, denn – wie die Agenturen melden – die Regierungstruppen Assads haben sie vor einigen Tagen gesprengt, um den Rebellen den Weg abzuschneiden.

Bei den Kämpfen um Deir ez Zor am 17. August sprengten Regierungstruppen nach Agenturangaben die Fußgängerbrücke in die Luft.
Bei den Kämpfen um Deir ez Zor am 17. August sprengten Regierungstruppen nach Agenturangaben die Fußgängerbrücke in die Luft.

© Reuters

Zwei der Pylone stehen auf kleinen Inseln im träge dahin fließenden Euphrat, zwei weitere stehen in Ufernähe. Ohne die elegante Seilkonstruktion wirken sie wie verloren, die durchbrochenen Bögen der Brücke sind zum Teil zerstört. Fast sehen sie aus wie altertümliche Strommasten ohne Leitung, die jetzt – je nach Blickwinkel – aus dem Schilf herausragen.

Eine moderne Brücke hatte längst den Autoverkehr aufgenommen, ob die alte Brücke also jemals wieder rekonstruiert wird in einer friedlicheren Zukunft, ist mehr als fraglich.

Es ist nur eine Brücke, mag jemand einwenden, aber sie war auch ein Kulturdenkmal des frühen 20. Jahrhunderts, ein Beispiel französischer Ingenieurskunst. Vorbei. Man muss sich wirklich um das kulturelle Erbe Syriens Sorgen machen, wenn nun die Agenturen aus dem Großraum Homs immer wieder die prachtvolle und bedeutende Kreuzritterburg Krak des Chevaliers zeigen.

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