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Alexandre Tharaud in Cannes, 2012.

© Guillaume Horcajuelo/dpa

Alexandre Tharaud im Apollosaal: Herbst in den schönsten Farben

Erschütternde Akkordstürze: Der französische Pianist Alexandre Tharaud spielt Couperin und Beethoven im Apollosaal.

Keine Jahreszeit scheint besser für François Couperins Klavierminiaturen geeignet zu sein als der Herbst mit seiner Fülle von Kälte, Nebligkeit und Melancholie. Und nirgendwo lässt sich der Nachmittag besser verbringen als im Apollosaal der Staatsoper, das Kinn auf die Hand gestützt wie Rodins „Denker“, den suggestiv betitelten Stücken in zweiteiliger Form lauschend, die der französische Pianist Alexandre Tharaud vom Flügel aus in den Raum entsendet.

Die Staatsoper darf sich freuen, so viele Zuhörende an einem gewöhnlichen Arbeitstag begrüßen zu können; sie verlassen den gut einstündigen Klaviervortrag mit dem Gefühl, Zeit nicht verloren, sondern gewonnen zu haben. Und das, obwohl der Nachmittag durchaus seine Schwierigkeiten hat. Ein Klavier zum Beispiel wird ja nicht nur mit den Händen bedient, sondern auch mit den Füßen. Tharaud nimmt das nicht immer glückvolle Experiment auf sich, die für superakkurates Cembalo vorgesehenen Stücke mit ihren Trillern, Vorschlägen und Umspielungen auf einem großen Konzertflügel in einem halligen Saal zu spielen und dabei üppigen Gebrauch vom Pedal zu machen. Nur erwartbar, dass das mit der Ziselierkunst Couperins nur schwer vereinbar ist, dass die „Logivière“ am Anfang verwässert, Tasten in den „Ombres Errantes“ nicht sofort ansprechen, Akkorden an anderer Stelle plötzlich die Luft ausgeht oder Nachbarklänge auf ungünstige Weise ineinander verschwimmen.

Leichter hat es in diesem Sinne Rameaus Suite in a-Moll, mit einer anmutigen „Fanfarinette“, die Tharaud sehr haydnsch klingen lässt, wirklich schön und tief aber wird es mit Beethovens letzter Sonate op. 111. Von deren Akkordstürzen lässt sich Tharaud aufrichtig erschüttern und in deren wunderbarem zweiten Satz zeigt er, wie subtil er Akkorde einfärben kann, wie sehr er es eben doch beherrscht, Hand und Fuß aufeinander abzustimmen – soeben hat er ein Album mit den letzten drei Beethoven-Sonaten vorgelegt. In den stillen Schluss der Sonate hinein klingt im Apollosaal ein Handy, nur ein leiser Flötenton, der diesen Nachmittag des Innehaltens nicht trüben kann.

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