zum Hauptinhalt

Kultur: Grenzgebiete

Kooperativ: Stefan Hirsig und Christian Achenbach

Ein Pudel mit drei Köpfen ist ein genetisches Monster. Oder aber ein Wesen aus dem Baukasten von Christian Achenbach, das für die Multiplikation der Sinne steht. Ein Paar Augen nämlich sind viel zu wenig für das Geschehen auf den Leinwänden des jungen Künstlers. Einzig der Boden, der seinen vielbeinigen Kreaturen als Tanzgrund etwa in „La danse suprematisti“ (8500 Euro) dient, wirkt fest verankert. Alle übrigen Details drehen sich wild im Kreis und verwirbeln zu Spiralen aus Ornamenten und Schachbrettmustern, die dem Geschmack diverser Jahrzehnte entsprungen scheinen.

Achenbach, der in der Galerie Wendt und Friedmann ausstellt, hat an der Berliner Universität der Künste bei Daniel Richter und Anselm Reyle studiert. Der eine Maler, der andere Oberflächenfetischist: Ihr Schüler destilliert daraus, was man postkubistisch modern nennen könnte. Zum vielschichtigen, noch halbwegs figurativen Objekt gesellen sich Empfindungen, die Achenbach in abstrakten Farbwerten wiedergibt. Um seine unmittelbare Gegenwart vielschichtig abzubilden, ihr Tempo ebenso wie die parallelen Universen digitaler und analoger Wirklichkeit.

Zwei Welten fließen auch in jenes Bild, das als Gemeinschaftsarbeit entstanden ist. Achenbach hat „Die Zukunft der Vergangenheit“ zusammen mit Stefan Hirsig auf 2,60 Metern Länge (16 400 Euro) gemalt. Im Wechsel und mit immer neuen Impulsen für den Kollegen. Man schätzt sich und pflegt dennoch den eigenen Duktus, der im Co-Produkt sichtbar bleibt. Bei Hirsig sind es die fließenden Übergänge und jene Augen, die zum Dialog zwingen, obwohl sie reine Malerei sind. Von Achenbach stammt der gemusterte Boden, um den herum sich alles auflöst.

„Le Peintre et son Modèle“ nennt das temporäre Duo seine Ausstellung und verweist auf Picassos gleichnamiges Buch von 1965. Das (weibliche) Modell von damals ist jedoch längst abgetreten und hat Platz gemacht für individuelle Konzepte. Für Gedanken- und Gefühlscollagen, die aus der Tradition schöpfen und sie – oft im Bild selbst – mit der Gegenwart abgleichen. Oder, in Achenbachs Worten: „Wir haben einfach angefangen, ohne festzulegen, was eigentlich auf die Leinwand soll. Die Sachen fließen ineinander, unsere Modelle reagieren miteinander.“

Ein Prozess, der über die eine gemeinsame Leinwand hinauswirkt. Von Hirsig kennt man Collagen wie „Nachtwach II“ (4600 Euro), in denen sich alltägliche Dinge surreal verschränken. Christian Achenbach hat nun ebenfalls Setzkästen gebaut und lässt darin Figuren tanzen, deren Körper aus kaputten Geigen bestehen. Picasso grüßt. Aus einer anderen Zeit allerdings. Eine Collage, die kubistische Schlüsselobjekte mit psychedelischen Mustern mischt, den Glam der Achtziger darüber streut und im Destruieren zu neuer Schönheit findet, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen. Christiane Meixner

Wendt und Friedmann Galerie, Heidestraße 54; bis 8. 1.2011 , Mi - Fr 12 - 18 Uhr, Sa 12-17 Uhr (geschl.: 23.12.-4.1.).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false