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Mehr vom Kuchen. Bezahlung und Karrierechancen sind auch in der Kulturwirtschaft bis heute ungleich verteilt.

© imago/Panthermedia/A. Popov

Männer und Frauen in der Kulturwirtschaft: Gleiche Bezahlung, gleiche Chancen - immer noch Zukunftsmusik

Die Wahrheit ist konkret: Der Deutsche Kulturrat hat einen Forderungskatalog für Geschlechtergerechtigkeit in der Kulturwirtschaft und der Bildung erstellt.

Nach der im Juni vorgelegten Studie über „Frauen und Männer im Kulturmarkt“ hat der Deutsche Kulturrat nun einen ausführlichen Forderungskatalog für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien vorgelegt. Zu den zentralen Anliegen des am Montag veröffentlichten Papiers gehört ein gezieltes Gegensteuern gegen den immer noch erschreckend hohen Gender Pay Gap in Kultur-, Bildungs- und Medieneinrichtungen.

Der Studie vom Juni zufolge betrifft die Bruttodifferenz im Schnitt 20 Prozent, Tendenz steigend.

Deshalb spricht sich der Kulturrat als Spitzenorganisation der Kulturverbände unter anderem für mehr Transparenz bei Honorar- und Gehaltstabellen aus und für die Veröffentlichung von (anonymisierten) Gehaltsspannen. Urheber- und Künstlerverbände sollten ihre Mitglieder zudem auf die Unzulässigkeit von Geheimhaltungsklauseln in Arbeitsverträgen hinweisen.

Ein weiteres zentrales Stichwort ist die paritätische Besetzung von Gremien. So sollten bei staatlichen Projektförderungen, bei denen möglichst anonymisierte Bewerbungsverfahren angeraten werden, die Jurys paritätisch besetzt sein. Das Gleiche gilt für die Aufsichtsgremien und Rundfunkräte in den öffentlich-rechtlichen Sendern sowie für die Berufungskommissionen an Hochschulen und Universitäten.

Außerdem werden mit Blick auf die akademische Welt geschlechtsspezifische Coachingangebote angeraten sowie die Fortsetzung der Förderungsprogramme für Professorinnen, damit mehr Akademikerinnen in Leitungspositionen kommen – nicht zuletzt wegen der Vorbildfunktion für jüngere Generationen. An Ausbildungsstätten wie bei Förderungskonditionen solle die Vereinbarkeit von Beruf und Familie berücksichtigt werden.

In der Schule fängt es an, bei Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien

Viele Forderungen sind nicht neu, aber ihre Realisierung ist bis heute weitgehend Zukunftsmusik. Der Kulturrat betont, dass die Unternehmen der Kreativwirtschaft aktiv einbezogen werden sollten. Staatlich finanzierte Institutionen und der öffentlich-rechtliche Rundfunk seien aber in besonderem Maß verpflichtet, Geschlechtergerechtigkeit als personalpolitisches Ziel zu formulieren und zu verfolgen. Auch in Form von mehr Team- und Teilzeitarbeit sowie flexiblerer Karrieremodelle.

Unerlässlich seien ein kontinuierliches Monitoring etwa mit regelmäßigen Statistiken, ein fester Zeitrahmen für die Realisierung der Zielvorgaben und Sanktionen im Fall der Nichtbeachtung.

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Es geht schon im Kindergarten und der Vorschule los: Zum Abbau von Rollenklischees und gesellschaftlichen Vorurteilen erwartet der Kulturrat, dass bereits beim Lehrmaterial auf Geschlechtergerechtigkeit geachtet wird, ebenso bei den Lehrplänen. Bei der Ausbildungs- und Berufsberatung sollten den Heranwachsenden alle Berufe genderneutral nahegebracht werden. Also nicht: Die Querflöte ist ein Fraueninstrument und am Dirigentenpult stehen doch eher die Männer.

Die ebenfalls dringliche Frage von mehr Diversität wird nur gestreift

Geschlechtergerechtigkeit, es ist eine sperrige Vokabel - und ein steiniger Weg, dafür zu sorgen. Die ebenfalls dringliche generelle Frage von mehr Diversität wird nur gestreift, auch weil sich Datenmaterial dazu nur schwer erstellen lässt.

Der Katalog listet die notwendigen Gender-Maßnahmen jedoch äußerst detailliert auf, fast schon penibel. Denn die Wahrheit ist konkret. Schon die Fülle all der Details macht offensichtlich, wie weit nicht nur die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, sondern insbesondere auch die Kulturbranche, die Medien und die Bildungseinrichtungen bis heute von einer Gleichstellung von Männern und Frauen entfernt sind. Trotz ProQuote, Genderdebatten, MeToo-Bewegung und dem Engagement von Kulturstaatsministerin Monika Grütters, etwa mit dem 2017 gestarteten Projektbüro "Frauen in Kultur und Medien".

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