zum Hauptinhalt
Sean Connery (1930-2020) im Jahr 1971 als Agent 007 in „Diamonds are forever“.

© Imago images/Cinema Publishers Collection

Nachruf auf Sean Connery: Gerührt, nicht geschüttelt

Mit 90 Jahren ist der schottische Schauspieler Sean Connery gestorben. Er war der beste Bond aller Zeiten – und noch so viel mehr.

Respekt ist auch eine Frage der Lautstärke. Allzu oft geht bei Empfängen der Auftritt der Hauptperson im Geplapper unter. Nicht so an jenem Abend während der Berlinale 2001, beim exklusiven Empfang für den Wettbewerbsfilm „Finding Forrester“.

Nach einer knappen Stunde war die Stimmung schon sehr munter, da sank plötzlich der Geräuschpegel, und alle wandten sich der Person zu, wegen der sie doch ins Ritz-Carlton, damals noch in der Brahmsstraße in Grunewald, gekommen waren: Sir Sean Connery, Hauptdarsteller des, nun ja, zu Recht vergessenen Films.

Auch Richard Löwenherz hat er verkörpert

Der bekam erst mal ein Glas in die Hand gedrückt, leeren konnte er es kaum, denn wer auf sich hielt, wollte ihm nun vorgestellt werden, reihte sich ein in die Schlange der auf ein paar nette Worte, ein Händeschütteln Hoffenden, sogar der olle Hotte Buchholz, der zuvor noch einsam an einem Tisch vor sich hin gedämmert hatte, wurde munter.

Ein gesellschaftlicher Anlass wie jeder andere? Ach was, es glich eher einer Zeremonie der Verehrung: Eine Legende, ein König seines Metiers, gewährte seinen Anhängern eine Audienz.

Mit der Rolle der cineastischen Majestät hatte Sir Connery, der in der Nacht zu Sonnabend auf den Bahamas im Alter von 90 Jahren starb, Erfahrung. Er war in John Hustons „Der Mann, der König sein wollte“ an der Seite von Michael Caine der Herrscher von Kafiristan, einem seiner besonders gelungenen Filme, wie er selbst meinte.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können. ]

Er hatte es in „Robin Hood – Der König der Diebe“ sogar zum sagenumwobenen Richard Löwenherz gebracht, ein kurzer Überraschungsauftritt in der Schlussszene, die Kritiker waren eigens gebeten worden, nichts zu verraten. Und wenn er schon nicht selbst König sein durfte, so stand er doch im Dienste Ihrer Majestät – als ihr ergebenster und erfolgreichster Agent James Bond alias 007.

Die Rolle war Connery Segen und ein wenig auch Fluch zugleich. Ohne sie wäre die Schlange im Ritz Carlton wohl kürzer gewesen, sie hatte ihn auf den Gipfel seines Berufs katapultiert, ihn zum Superstar gemacht, zugleich aber auf eine Rolle festgelegt, die er zwar mit viel Härte und der notwendigen Dosis Humor bewältigte, aber er musste gewaltig strampeln, um nicht doch immer wieder daran gemessen zu werden.

Humor war ihm bei allen Rollen wichtig

Vergessen wurde 007 trotz all seiner weiteren Erfolge nicht, er blieb nun mal dessen am meisten verehrter Darsteller, und hatte selbst auch keine Einwände, wenn Drehbuchautoren darauf anspielten. „Ja haben Sie denn nie meinen Lebenslauf gelesen?“, fragt Connery im Alcatraz-Thriller „The Rock“ seinen Filmpartner Nicolas Cage und klärt ihn wenig später auf: „Ich hatte eine hervorragende Ausbildung beim britischen Geheimdienst.“ Beim Eintritt in die Scottisch National Party 1991 kam ohnehin nur eine Mitgliedsnummer in Frage: 007.

Der Humor, den sein Geheimagent anders als sein aktueller Darsteller Daniel Craig noch zeigen durfte, zog sich durch das gesamte Schaffen Connerys, ja kann geradezu als gemeinsamer Nenner fast aller seiner Filme gelten. „Wenn ich ein Drehbuch lese, suche ich zuerst danach, ob die Hauptfigur einen Sinn für Humor hat“, bekannte er einmal. „Der Humor einer Figur enthüllt wesentlich mehr über sie als die historischen Tatsachen, ihre Wut oder ihre Aggression.“

Und er selbst zeigte ihn auch noch anlässlich seines größten darstellerischen Triumphs, als ihm 1988  für seine Rolle in dem Al-Capone-Drama „Die Unbestechlichen“ der Oscar als bester Nebendarsteller zuteil wurde. Seit „Goldfinger“ ein begeisterter Golfspieler „hätte lieber die US-Open im Golf gewonnen“.

Sean Connery als Franziskanermönch in "Der Name der Rose" von Jean-Jacques Annaud.
Sean Connery als Franziskanermönch in "Der Name der Rose" von Jean-Jacques Annaud.

© dpa

Sir Sean Connery war Schotte und dies aus Passion, am 25. August 1930 in Edinburgh geboren. „Scotland Forever“ – die Tatöwierung auf seinem rechten Unterarm zeigte er bereitwillig, wenn man ihn darum bat. Und selbstverständlich war er im Kilt vor der Queen erschienen, als sie ihn am 5. Juli 2000 in seiner Geburtsstadt zum Ritter schlug.

An solchen Ehren war nun wirklich nicht zu denken, als er 1953 sein Leinwanddebüt gab, noch als Statist in Peter Zadeks Film „Simon“. Neun Jahre später durfte er in dem Normandie-Spektakel „Der längste Tag“ immerhin schon kurz durchs Bild huschen. Unmittelbar danach kam „James Bond – 007 jagt Dr. No“ – die Geburtsstunde der Filmfigur, die Connery noch fünfmal verkörpern sollte und für ihn der Durchbruch als Schauspieler.

Als Vater von Indiana Jones kam nur er in Frage

Die von Connery geprägte Figur wurde zum nur selten erreichten Vorbild für unzählige Actionhelden, sogar ein abenteuerlustiger Archäologe wie Indiana Jones und dessen Regisseur Steven Spielberg mussten dem Referenz erweisen, denn nur wer kam als Indies Vater in Frage? Sean Connery. Die Rolle wurde sogar seine letzte, gewissermaßen.

Zwar hatte er sich bereits 2003 mit „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ auch mit einem Premierenauftritt in Berlin vom Filmgeschäft verabschiedet, war dann zwei Jahre später erneut in der Stadt, um für sein Lebenswerk mit dem Europäischen Filmpreis geehrt zu werden. 2008 war er dann noch einmal in „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ zu sehen, sozusagen posthum, auf einem von seinem Filmsohn aufbewahrten Foto.

Doch trotz aller Rollenvielfalt Connerys: Ganz ist er Bond eben nie losgeworden, wie ein Vorfall vom Februar 1990, sieben Jahren nach seinem letzten 007-Film „Sag niemals nie“, zeigt. Er war auf einer kalifornischen Autobahn mit zu hohem Tempo erwischt worden, es kam zum Prozess. Der Richter zeigte keine Gnade: „Er saß halt nicht in einem Austin Healey und konnte eine Öllache hinter sich herziehen und eine Nebelwand werfen.“ Austin Healey? Der Mann hatte keine Ahnung.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false