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Christoph Löffler macht Plüschtier Patrick zum Porträt.

© Christoph Löffler / Bassenge

Auktionshaus Bassenge: Fantastische Kreaturen der Kunstgeschichte

Plüschtiere und Fabelwesen: Das Berliner Auktionshaus Bassenge widmet sich in ihrer Frühjahrsversteigerung der Kreatur durch alle Epochen.

Auktionshäuser sind, wenn sie Hochkarätiges anbieten, kleine Museen auf Zeit. Das wird vor allem bei ihren Sonderkatalogen sichtbar. Bei Bassenge sind es aktuell ein Sonderkatalog zum Thema „Meistergrafik des deutschen Expressionismus“ und ein Katalog „Vergessene Moderne“. Zu den seltenen und frühen Meisterwerken gehört bei Bassenge der 1912 entstandene Holzschnitt „Prophet“ von Emil Nolde, taxiert auf 40 000 Euro. Den gleichen Schätzpreis hat auch Noldes Venedig-Aquarell der „Santa Maria della Salute“ von 1924. Ein „Bretonischer Bettler“, lithografiert 1907 von Franz Marc, soll mindestens 15 000 Euro einspielen. Seltene Drucke von Wilhelm Lehmbruck, Georg Muche, Feininger, Conrad Felixmüller und Jeanne Mammen ergänzen das Angebot der Meister.

Bei den vergessenen und zusammen mit Bassenge wieder zu entdeckenden Künstlern der Moderne sind einige Seitenwege des Expressionismus zusammengefasst, dazu gehört der für 20 000 Euro angebotene „Akt mit Katze“ des Holländers Armand Bouten. Für Kenner und Liebhaber des kleinen Formates bündelt das Berliner Auktionshaus Miniaturen aus unterschiedlichen Sammlungen erneut in einer eigenen Publikation und ein kuratierter Sonderkatalog verbindet, wie im vergangenen Frühjahr, unterschiedlichste Objekte durch eine inhaltliche Klammer, die diesmal „Creatures – Zwischen Imagination und Wirklichkeit“ heißt und auf fantastische wie außergewöhnliche Wesen aus allen Gattungen, Epochen und Techniken neugierig machen soll. „Patrick XL“ ist ein solches Wesen, ursprünglich ein billig hergestelltes kleines Plüschtier, dass Christoph Löffler 2015 in Altmeistermanier höchst kunstvoll auf wohnzimmertaugliche Maße vergrößerte. Er haucht dem Knuddelwesen mit fotorealistischer Präzision eine beunruhigende Präsenz ein, nachts und unbeobachtet steigt es vermutlich sogar aus dem Bild heraus. Wer das prüfen will, der muss nur noch die Hürde der Taxe von 15 000 Euro überwinden, um Patrick danach ein neues, erkundungswürdiges Habitat bieten zu können.

An mittelalterliche Fabelwesen erinnert das englisch mit „Herald“ betitelte Ölbild von Martin Wittfooth. Herolde gelten als die Vorform des Diplomaten. Dass dieses mit Blattgold hinterfangene Exemplar von 2016, geschätzt auf 9000 Euro, etwas Bedeutendes zu verkünden hat, ist zweifelsfrei. Ob man seine Botschaft aber auch hören möchte? Sie könnte mutmaßlich unangenehm sein.

Von ebenfalls feinster malerischer Finesse ist die von 2019 stammende Arbeit von Max Ferguson. Er richtet in kleinem Format seinen Blick auf den berühmten Pariser Naturalienhändler „Deyrolle“ und verweist dabei auch kompositorisch auf die lange Tradition des künstlerischen Blicks in Verkaufsräume. Bei Deyrolle werden seit 1831 Tiere präpariert. Exotisches und Indigenes steht in dem alten Stadtpalais einträchtig nebeneinander. André Breton, Salvador Dalí oder auch Jean Dubuffet ließen sich hier inspirieren. Bei Ferguson dämmert Melancholie, Fremdes fasziniert nicht mehr, sondern erinnert bei ihm an eine dem Untergang geweihte Arche Noah. Das nur noch dümpelnde Rettungsboot mit seinen aus der Zeit geflüchteten, ausgestopften Tieren und einer statisch suchenden Betrachterin ist mit zeitgemäßen 20 000 Euro bewertet.

Bassenge, Erdener Str. 5 a, Auktionen: 29.5.–1.6.

Franz Kurzhals

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