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Erfinder des Aldi-Logos: Günter Fruhtrunk in der Galerie Berinson

Streifen zum Quadrat: Der Maler Günter Fruhtrunk hat das berühmte Aldi-Logo entworfen. Seine Werke erleben gerade eine Renaissance – auch in der Berliner Galerie Berinson.

Es ist sein bekanntestes Motiv, eine deutsche Ikone von 1970, gemessen an deren Kenntnis und Verbreitung er der berühmteste Maler des Landes sein müsste. Berühmter als Richter und Polke und Baselitz. Ist Günter Fruhtrunk aber nicht. Wird er auch nicht mehr werden, nachdem im vergangenen Sommer Aldi das Ende der Plastiktüte, ihre schrittweise Verbannung aus den Discountern der Kette bekannt gegeben hat, der Umwelt wegen. Das der – eher von Josef Albers’ „Hommage to the Square“-Bildern inspirierten – Süd-Variante überlegene, auf in der Schräge arrangierte blaue und weiße Balken reduzierte Design der Tüte von Aldi Nord stammt vom Künstler Fruhtrunk.

Teilnehmer von Biennale und Documenta

Von ihm wird kolportiert, dass er seinen vermeintlichen Sündenfall später bitter bereut haben soll. Es war eine Zeit, in der Konsum und Kapitalismus in Künstlerkreisen nicht eben wohlgelitten waren. Man kann ihn selbst nicht mehr fragen, der Teilnehmer der 4. Documenta und der 34. Biennale von Venedig nahm sich bereits 1982 das Leben. Aber man kennt es von anderen großen Künstlern – dass eine einzige populäre Arbeit ihr gesamtes Schaffen überlagert. Andererseits kann sich der Galerist einer aktuellen Fruhtrunk-Ausstellung nicht beklagen, wenn nun auch dieser Text schon wieder mit der alten Aldi-Geschichte anfängt. Geht doch ein ganz besonderer Bann von diesem kleinen, quadratischen Gemälde aus, das etwas abseits der übrigen Bilder der Schau hinter dem Galerietresen hängt. Bei näherer Betrachtung erweist es sich dem Aldi-Motiv nicht nur als ähnlich – sondern als damit identisch. Hat doch Hendrik Berinson seine Galeriedirektorin tatsächlich losgeschickt, so eine bald vielleicht schon rare Aldi-Tüte zu besorgen und auf Karton aufzuziehen!

Fast alle Bilder sind verkauft

Die Mehrzahl der ausgestellten Bilder zeigt die typischen diagonalen, parallelen, gebündelten (Aldi-)Streifen – in Grellgelb, Grellorange, Dunkel- oder Grasgrün, Schwarz und Weiß. Vier sind vertikal gestreift, eines von nur zwei Bildern aus der Vor-Aldi-Phase bezeugt das Vorhandensein der Kreisform in Fruhtrunks früherem Vokabular. Über Ursache und Wirkung ließe sich heute nur noch spekulieren, ähnlich wie über die Frage, ob Fruhtrunk über den Aldi-Tüten-Scherz des Kunsthändlers hätte lachen können.

Nun ist die Galerie von Hendrik Berinson eigentlich eine kleine Institution in Sachen Fotografie – handelt aber auch Gemälde und Grafiken. Vorausgegangene Ausstellungen von Josef Albers und Friedrich Vordemberge-Gildewarth belegen ein kohärentes Interesse an der konstruktivistischen und konkreten Kunstrichtung. Oder, wie es Hendrik Berinson formuliert: „Ich interessiere mich eben ausschließlich für Qualität.“ Zur Herkunft der Bilder gibt er an, sie seien alle sein Eigentum und stammten ursprünglich aus einer italienischen Galerie. Zeitlich folgt die Schau auf eine Fruhtrunk-Ausstellung in der Villa Grisebach, die im vergangenen Frühjahr auf beachtliches Publikumsinteresse stieß.

Tatsächlich sind auch jetzt schon fast alle zwölf Gemälde als „verkauft/sold“ gekennzeichnet, ihre Preise bewegen sich um die 60 000 Euro. Ob auch das DIY-Alditüten-Kunstwerk verkäuflich ist, lässt sich vorerst nicht klären – die Direktorin stellt aber schon einmal einen möglichen Preis von 1,50 Euro in den Raum.

Galerie Berinson, Schlüterstr. 28; bis 9. 3., Di–Sa 11–18 Uhr

Jens Müller

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