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Blick in den Stand von David Levy, der unter anderem ein monumentales Gemälde von Victor Vasarely zeigt.

© Loraine Bodewes / Tefaf / VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Edle Epochen: Eine Messe schweift durch alle Jahrhunderte der Kunst

Die Tefaf in Maastricht wird auch in diesem Jahr ihrem Ruf als schönste und wichtigste Messe für Kunst und Antiquitäten gerecht.

Grimmig blickt der Tempelwächter am Stand von Sydney L. Moss auf die Besucher. Ein paar mehr von diesen wehrhaften japanischen Gottheiten aus dem 11.-13. Jahrhundert, und die Maastrichter Tefaf hätte im Sommer 2022 sämtliche Juwelenräuber abgeschreckt.

Doch darauf möchte sich Europas glanzvollste Kunst- und Antiquitätenmesse nicht verlassen: Das Aufgebot an muskelbepacktem Wachpersonal an den Schmuckständen hat sichtlich zugenommen, ebenso wie an den Zugängen zum Catering, von wo der bewaffnete Überfall damals startete. Das ist so wenig vergessen wie die Zeit der Pandemie, in der die Tefaf ihre solitären Objekte nur online präsentieren konnte.

270 internationale Kunsthändler sind dabei

Der Unterschied liegt auf der Hand und hat der Messe schon mit der Live-Ausgabe von 2023 wieder zum gewohnten Niveau verholfen: Ihre volle Anziehungskraft entwickeln die angebotenen Spitzenstücke von über 270 internationalen Kunsthändlern im Original. Kaufwillige sollen immerhin bis zu 50 Millionen Euro bezahlen – falls sie sich für das teuerste Bild der Tefaf, für „Murnau mit Kirche II“ von Wassily Kandinsky am Stand von Landau Fine Arts aus Montreal entscheiden. Zur Eröffnung war es der Star, jeder wollte es von Nahem sehen.

Dieser unmittelbare Kontakt zu den Preziosen aus allen Epochen hat seinen besonderen Reiz. Er zeigt sich am Stand von Langeloh Porcelain, wo man sich nicht bloß über Meissner Porzellan und seine höfische Herkunft unterhält. Ein möglicher Käufer hält das Objekt seines Interesses in der Hand, kann es betrachten und anfassen. Es liegt nahe, dass die Figuren, Schneeball-Vasen und kompletten Picknick-Services auch von den künftigen Besitzern hinter Glas aufbewahrt werden. Doch während der Messetage kommt man den fragilen Objekten ebenso wie Bildern von Gabriele Münter (650.000 Euro, Galerie Utermann), Pablo Picasso oder dem „Brücke“-Expressionisten Otto Mueller faszinierend nahe.

Die Preise reichen von 900 Euro bis zu 50 Millionen

Das macht die Tefaf spannend für ein breites, am Ende doch gemischtes Publikum. Ihm bietet die spanische, auf historischen Schmuck spezialisierte Kunsthandlung Deborah Elvira goldene Anhänger aus dem 14. Jahrhundert zum Preis von je 900 Euro. Ungleich mehr bezahlt am selben Stand, wer sich für ein Capezzale aus aufwendig gearbeiteter Koralle aus dem 17. Jahrhundert begeistert.

Nach oben scheinen die Grenzen ohnehin offen, eine Million Euro sind schnell erreicht. Oder auch mehr mit Blick auf die „Böhler-Madonna“, mit der die Kunsthandlung Böhler ihren Abschied von der Messe zelebriert. Seit 1993 war man dabei, vor 120 Jahren erwarb die Familie die gut 60 Zentimeter hohe Marmorskulptur, die aus dem frühen 14. Jahrhundert stammt und von Giovanni Pisano gestaltet wurde. Nun veräußert das Haus dieses großartige Werk.

Zwei Gemälde von Frans Hals hängen bei Solomon Lilian (Amsterdam) und bei der Zürcher Galerie Koetser, beide stammen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und flankieren die aktuelle Ausstellung über den exzellenten Porträtmaler aus den Niederlanden im Rijksmuseum Amsterdam. Auch die starke Präsenz von René Magritte und Paul Delvaux an diversen Messeständen resultiert aus den zahlreichen musealen Ausstellungen zum Surrealismus, der dieses Jahr offiziell seinen 100. Geburtstag feiert.

Ein kleines Porträt von Vincent van Gogh

Solche Ereignisse prägen das Angebot. Und es fällt auf, dass neben hochkarätigen Vertretern für Antiquitäten – wie es Steinitz aus Paris sind, die ihren Messestand verlässlich mit historischen Spiegeln, Wandvertäfelungen und Parkett ausstatten – die Händler der klassischen Moderne wie auch für Zeitgenössisches weiter auf dem Vormarsch sind.

Ihre Kojen wirken, verglichen mit den Ständen voller Asiatika, Kabinettschränken oder Interieur vergleichsweise leer, konzentrieren sich auf zentrale Gemälde und wenige Skulpturen. Das Interesse ist dennoch groß, Galerist Karsten Greve etwa verkaufte gleich zur Eröffnung drei abstrakte Bilder der US-amerikanischen Malerin Kathleen Jacobs zu Preisen zwischen 30.000 und 500.000 Euro an europäische Privatsammler.

Daraus lässt sich schließen, dass auch das Publikum eine Umwälzung erfährt: Zu den Spezialisten für alte oder sakrale Kunst gesellen sich immer mehr Sammler und Sammlerinnen für Kunst der Gegenwart..

Einigen können sich alle an Ständen wie denen M.S. Rau aus New Orleans, die zum ersten Mal an der Tefaf teilnimmt. Unter anderem mit einem kleinformatigen Frauenporträt von Vincent van Gogh aus dem Jahr 1884. Knapp fünf Millionen Euro setzte der Kunsthändler an und hatte sich nicht verschätzt: Auch dieses Bild ging schon während der Eröffnungstage an ein Privatmuseum außerhalb Europas.

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