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Christopher (Ewan McGregor) mit sprechendem Stoffteddy.

© Laurie Sparham/Disney

Disneys „Christopher Robin“ im Kino: Mein Freund Pu der Bär

Süß und sentimental: In Marc Fosters Familienfilm „Christopher Robin“ erhält der erwachsene Christopher überraschenden Besuch von Pu, I-Ah und Co.

Ein bisschen filmische Abbitte für die strunzinfantilen Pu-der-Bär-Animationen, mit denen Disney die Welt seit 1961 überzogen hat, schwingt beim ungleich erwachseneren Realfilm-Biopic „Christopher Robin“ schon mit. Und viel Traditionsbewusstsein, denn die heiser-helle Stimme eines alten Kindes, mit der der Held aus Alan Alexander Milnes Kinderbüchern in der Originalfassung spricht, gehört Jim Cummings. Der synchronisiert den Disney-Pu seit 30 Jahren und verleiht den Sentenzen des „Bären mit sehr geringem Verstand“ eine anrührend brüchige Melancholie. Gepaart mit dem hüftsteifen Altmänner-Stapfen des per Computeranimation zum Leben erweckten Stoffteddys macht das die wehmütige Aura vergangenen Kinderglücks in Marc Forsters süßem und sentimentalem Familienfilm perfekt.

Der deutsch-schweizerische Regisseur hat sich schon 2004 – gleich nach seinem gefeierten Todesstrafen-Drama „Monster’s Ball“ – an einen englischsprachigen Kinderbuchklassiker gewagt, an „Peter Pan“. Dort wie diesmal in Form einer Fiktion der Fiktion. Sein hübsches Biopic „Wenn Träume fliegen“ erzählt vom echten, aber auch ausgedachten Leben des schottischen Schriftstellers James Matthew Barrie. Das hat in Bezug auf die Kinderbuchfigur Christopher Robin und ihr reales Vorbild, A. A. Milnes gleichnamigen Sohn, kürzlich auch schon Simon Curtis mit seinem Biopic „Goodbye, Christopher Robin“ besorgt.

Pu vermisst seine Freunde im nebligen Hundertmorgenwald

Marc Forsters Variation des Themas ist jedoch keine Doublette. Er erzählt in seinem stärker auch auf kindliches Publikum ausgerichteten Film losgelöst von den Büchern, aber unter Verwendung ihres Personals und ihrer Motive von Christopher Robins Erwachsenenleben.

Statt im Hundertmorgenwald in Sussex lebt der von Ewan McGregor warmherzig gespielte Effizienzmanager einer Kofferfirma mit Frau und Tochter in London. Die Bilanzen sind schlecht, nach dem überstandenen Krieg haben die Leute andere Sorgen, als in den Urlaub zu fahren und dafür Gepäck zu kaufen. Auf Druck des fiesen Chefs muss das Tochter Madeline (Bronte Carmichael) versprochene Wochenende auf dem Land prompt ohne Papa stattfinden. Der wiederum erhält als Daheimgebliebener überraschenden Besuch – vom verzweifelten Pu, der seine Freunde Ferkel, I-Aah, Tiger und die ganze Bande im nebligen Hundertmorgenwald vermisst.

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Stofftiere, die leben, ein Workaholic, der seine Familie vernachlässigt – „Christopher Robin“ ist ebenso verwandt mit „Paddington“ wie mit „Mary Poppins“. Nur gibt es hier neben dem rührseligen, Disney-typisch moralischen Happy End noch die zur meditativen Entschleunigung taugenden Weisheiten von Winnie the Pooh obendrauf: „Die Menschen sagen, nichts ist unmöglich, aber ich mache jeden Tag nichts.“

Die computergenerierten Stofftiere sind prächtig getroffen

Ärgerlich nur, dass die Binnenlogik der Storyline schwächelt. Dass der Baum, durch den Pooh und Christopher Robin die Welten wechseln, mal in London und mal in Sussex steht, mag ja noch einer märchenhaften Freiheit geschuldet sein. Aber dass Forster aus der dramatisch novemberlichen Eintrübung des Waldidylls keine Geschichte um den mangelnden Glauben der Erwachsenen an die Fantasie bastelt, die die Welt wieder bunt und sonnig macht, oder nicht wenigstens das Phänomen des Baums erklärt, enttäuscht dann doch.

Nur gut, dass die computergenerierten Stofftiercharaktere mit ihren aus Milnes Büchern bekannten Eigenarten (der depressive Esel, der aufgedrehte Tiger, das schüchterne Ferkel) so prächtig getroffen sind. Sowohl in ihrem zerknuddelten Look als auch in ihren mal schleppenden (Esel I-Aah), mal quirligen Bewegungen (Tiger) sowie mit der treffenden Synchronisation. Simon Curtis’ „Goodbye, Christopher Robin“ liefert in seiner Auseinandersetzung mit dessen Kinderstar-Dilemma die interessantere Geschichte, Marc Forsters Version den höheren Liebhaberfaktor.

In 17 Berliner Kinos. OmU: Karli Neukölln, Kulturbrauerei, OV: Neukölln Arcaden

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