zum Hauptinhalt
Prachtvoll. Details des Deckengemäldes von 1846.

© Staatliche Museen zu Berlin/Jörg P. Anders

Die Welt iranischer Höfe: Von Rosen und Nachtigallen

Wir geben einen Ausblick auf die Kunst der Qadscharen, die in Zukunft im Museum für Islamische Kunst zu sehen sein wird.

Die Sonne lacht, ihr Gesicht ist von einem Strahlenkranz umrahmt und von den zwölf Tierkreiszeichen umgeben, auf gemustertem Grund. Links und rechts zwei Medaillons mit Frauen, deren tiefe Dekolletés den Blick auf die Brüste freigeben. Darüber und darunter schweben rot und blau gekleidete Engel, dazwischen Rosen, Nachtigallen und oben eine Kartusche mit der Inschrift „Im Namen Gottes des Barmherzigen“.

Das Kingsize-Deckengemälde ist 6,80 Meter lang und 2,88 Meter breit, bis 1990 hing es im Museum für Islamische Kunst in Dahlem. Als es auf die Museumsinsel umzog, wurde es eingerollt und in eine lange Kiste gepackt, denn im Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum fand sich kein Platz mehr.

Das aus einem persischen Privathaus stammende Werk von 1846 ist ein exzellentes Beispiel für die Malerei der Qadscharenzeit im Rosen- und Nachtigall-Stil, weltweit existieren nur wenige solcher Deckenbilder. Hierzulande sind sie weitgehend unbekannt. 1998 war das Deckengemälde in der Ausstellung "Royal Persian Painting: The Qajar Epoch 1785-1925)" im Brooklyn Museum in New York und anschließend in Los Angeles und London zu sehen. Dann wanderte das Gemälde wieder ins Depot.

Das soll sich demnächst ändern: Ab 2026 soll das Gemälde die Decke des eigens geschaffenen Raums „Iran in der Neuzeit“ zieren, im neu konzipierten Museum für Islamische Kunst. Spiegel auf dem Boden werden dafür sorgen, dass man keine Nackenstarre riskieren muss.

Während der Herrschaft der Qadscharen (1785–1925) hatte sich der Iran am Westen orientiert, modernisiert und ungefähr in den heutigen Grenzen stabilisiert. „Die Kunst der Qadscharen ist weitgehend in Vergessenheit geraten“, sagt Museumsdirektor Stefan Weber. Schon der große Schah Abbas I. hatte im 17. Jahrhundert neben Armeniern, Georgiern und kaukasischen Muslimen auch niederländische und englische Maler nach Isfahan geholt, die neben der dynamischen Malschule um den Meister Raza Abbasi in der neuen Hauptstadt wirkten.

Haus der armenischen Familie Sukiasyan. Dabei handelt es sich um ein typisches Elitenhaus aus der Zeit von Shah Abbas I (reg. 1588-1629), dem großen Shah, der Isfahan groß ausbaute.
Haus der armenischen Familie Sukiasyan. Dabei handelt es sich um ein typisches Elitenhaus aus der Zeit von Shah Abbas I (reg. 1588-1629), dem großen Shah, der Isfahan groß ausbaute.

© Stefan Weber

Zuvor wurde vor allem die Miniaturmalerei gepflegt, mit großartigen Werken, doch nun lagen Innovationen in der Luft. Die persische Malschule, die sich um Mohammed-e Zaman entwickelte, setzte sich intensiv mit europäischer Kunst auseinander. „Einige Häuser in Isfahan sind voll von lebensgroßen Bildern, die oft auch von exotischen Europäern stammen“, erzählt Weber.

1796 ließ sich Agha Mohammed zum Schah von Persien erklären und machte Teheran zur Hauptstadt – seine Dynastie dauerte bis 1925. Der zweite Herrscher Fath Ali Schah nutzte die Malerei zur eigenen Repräsentation. Er ließ sich auf einem 1,60 Meter hohen Gemälde in typischer Haltung sitzend malen, mit langem Bart bis zum Gürtel und in einem roten, prächtig bestickten Mantel. Zudem habe er sich, wie Weber erzählt, auch in Felsreliefs im Stil der Sassaniden verewigen lassen.

Das Gemälde des Schahs fand sich mit vier weiteren in der Lipperheideschen Kostümbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. Gemeinsam mit dem Gemälde „Die Tänzerin“ und „Die Akrobatin“ stellt die Bibliothek es als Dauerleihgabe zur Verfügung.

Die Berliner müssen nun aber nicht bis 2026 warten, um einen Blick auf die Qadscharen-Gemälde zu werfen. Zumindest das frisch restaurierte Bild von Fath Ali Schah wird – so die Pandemie es zulässt– in der Sonderausstellung „Iran – Kunst und Kultur aus Fünf Jahrtausenden“ vom 30. Oktober an in der James-Simon-Galerie zu sehen sein.

[Behalten Sie den Überblick über die Corona-Entwicklung in Ihrem Berliner Kiez. In unseren Tagesspiegel-Bezirksnewslettern berichten wir über die Krise und die Auswirkungen auf Ihre Nachbarschaft. Kostenlos und kompakt: leute.tagesspiegel.de.]

Die Vorgeschichte: Werke der Qadscharenzeit wurden oft privat gesammelt, etwa vom Textilhändler Franz Lipperheide oder vom Entdecker Tell Halafs, Max von Oppenheim. Auch aus dessen Besitz gingen Bilder der Qadscharen als Leihgabe an die Staatlichen Museen.

Zwei der vier Leihgaben der Max Freiherr von Oppenheim Stiftung zeigen eine Maria mit Kind sowie eine Europäerin im Kostüm, das die Brüste frei lässt. „Frauendarstellungen waren auch in der persischen Malerei sehr beliebt und wurden ab dem 17. Jahrhundert stark sexualisiert. Das europäische Dékolleté wurde tiefer gezogen und die Brüste frei gelegt“, erzählt Weber.

Die „Tänzerin“ und die „Akrobatin“, die auf den Händen gehen und ihre Henna-gefärbten Füße in die Luft recken, sind wiederum in reich bestickte Gewänder gehüllt. Mit finanzieller Unterstützung der Freunde des Museums für Islamische Kunst wurden diese Gemälde für die künftige Dauerausstellung restauriert. Der Zustand war mehr als desolat.

Eine prachtvolle ferne Welt

Wie prächtig die Kostüme jener Zeit waren, ist auch auf den Fotografien von Naser Ad-Din Schah sehen, der sich früh für die neue Technik begeisterte und seine Frauen und Bediensteten in ihrer Kleidung ablichtete. Einige dieser Bilder, die das Museum für Islamische Kunst erstmals 2019 gezeigt hatte, sind derzeit in der Online-Ausstellung „Capturing Iran’s Past“ auf Google Arts & Culture zu sehen.

Als der Louvre in Lens den Qadscharen 2018 erstmals eine Ausstellung widmete, hatte übrigens der Modeschöpfer Christian Lacroix die Räume gestaltet. Lacroix war über einen Prachtband von „1001 Nacht“ auf die Kunst der Qadscharen gestoßen. „Mich faszinierte diese prachtvolle ferne Welt, die mir völlig fremd war und nichts zu tun hatte mit dem, was ich kannte“, sagte er in einem Interview. „Als Couturier, der es liebt, die Einflüsse unterschiedlicher Orte und Epochen zu mixen, fand ich in der Kunst der Qadscharen prächtige Bilder, die ich mit dem Rest der Kunstgeschichte mischen konnte.“

Bei der Ausstellung in der James-Simon-Galerie sollen neben 320 Objekten der Londoner Sarikhani Sammlung weitere Werke aus den Beständen der Staatlichen Museen präsentiert werden. Sie versprechen einen tiefen Einblick in die Kunst der Höfe und der städtischen Eliten des Iran und in den Austausch zwischen den Kulturen des Ostens und Westens. Die meisten Objekte wurden noch nie gezeigt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false