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Ein weiter Sandplatz, auf dem selbst den Bäumen die Lust am Wachsen vergeht.

© Kai-Uwe Heinrich

Museum der Moderne: Die Ödnis und die Primadonna

Architektur und Stadtentwicklung: Kann ein neues Museum der Moderne auch die Probleme des Berliner Kulturforums lösen? Eine Debatte in der Akademie der Künste

Diejenigen, die das Museum der Moderne bauen und das Kulturforum gestalten sollen, sind gar nicht da. Kein Vertreter des Bundes – der im November 2014 200 Millionen Euro für einen Museumsneubau an der Potsdamer Straße bewilligt hat –, keiner vom Bezirk, kein Stadtentwicklungs-Verantwortlicher vom Land, weder Senatsbaudirektorin Lüscher noch Senator Geisel.

Egal, so frei von direkter Zuständigkeit lässt sich gut reden. Auf dem Podium der Akademie der Künste sitzen am Sonntag Stefan Evers (CDU) und Katrin Lompscher (Linke) als Stadtentwicklungs-Sprecher ihrer Fraktionen, Franziska Eichstädt-Bohlig (Bündnisgrüne), die Präsidentin der Berliner Architektenkammer Christine Edmaier und Günther Schauerte, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, also des Museums-Hausherrn.

Sie debattieren über die Frage, ob beim Museums-Wettbewerb „nur“ der Hochbau ausgeschrieben werden soll oder auch die Gesamtgestaltung des Kulturforums mit den Architektur-Ikonen von Scharoun bis Mies van der Rohe. Über Verkehrsführung und Standort: vielleicht doch besser hinter der Neuen Nationalgalerie? Und wo bitte soll die Straßenbahn langfahren? Über ÖPP oder BBR, also eine Realisierung in öffentlich-privater Partnerschaft oder unter Federführung des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung.

Als ob mit dem Bundes-Beschluss der Standort nicht klar sei. Kulturstaatsministerin Monika Grütters will ohnehin einen baldigen Ideenwettbewerb mit „städtebaulichen Elementen“, dann einen zweistufigen Projektwettbewerb in enger Absprache mit Berlin und der SPK. Baubeginn soll 2018 sein, die Eröffnung 2021. Und über die ÖPP-Frage entscheidet eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung: Die wirtschaflichste und schnellste Variante soll’s werden. Was bitte spricht dagegen?

Die Problematik des Kulturforums ist sattsam bekannt

Im Publikum sitzt Heiner Pietzsch, ihm platzt beinahe der Kragen. Seine Sammlung droht Berlin verloren zu gehen, wenn es mit der Zusage von 2010 nichts wird, im Rahmen eines Moderne-Museums Platz für die Schätze der Pietzschens zu schaffen. Der 84-Jährige warnt vor weiteren Verzögerungen durch Workshops oder Debatten über den Verlauf der Tram, erinnert an die Vertreibung der Kunst der Moderne durch die Nazis und fügt hinzu: Wenn es nicht endlich was wird mit dem Museum der Moderne, „haben die braunen Banden noch immer gewonnen“. Als aus dem Publikum umgekehrt warnend von Neubau per „Blitzkrieg“ die Rede ist, verwahrt sich Moderator Winfried Wang von der AdK-Sektion Baukunst zum Glück gegen die deutsche Weltkriegs-Vokabel.

Ach, diese Akademie: Diskutiert der Kulturhauptstadt mal wieder hinterher, statt ihr was vorzudenken. Die Crux der Kulturforums-Ödnis mit ihren Architektur-„Primadonnen“ ist sattsam bekannt: neun Institutionen, elf teils vertrackte Entree-Situationen, keine Verschränkung mit dem Sony-Center nebenan. Das alte Lied, seit Jahren. Da wird selbst SPK-Vize Schauerte nervös, will das neue Museum nicht überfrachtet wissen und fordert den Anwesenden Bekenntnisse zur zügigen Realisierung ab. Fazit: Das Gebäude kann nicht die Probleme des gesamten Areals lösen. Höchste Zeit, dass der Regierende Bürgermeister nach dem Humboldt- auch das Kulturforum zur Chefsache macht.

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