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Die Literaturkritikerin und Autorin Gisela Trahms ist im Alter von 80 Jahren gestorben.

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Die Literaturverschwörerin: Zum Tod von Gisela Trahms

Die Literaturkritikerin und Autorin Gisela Trahms ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Auch für den Tagesspiegel hat sie regelmäßig geschrieben.

Von Gregor Dotzauer

Wenn es jemanden gab, der noch an eine „République des Lettres“ glaubte und alles dafür tat, eine lebendige Gemeinschaft von Literaturverschworenen aufrechtzuerhalten, dann war es Gisela Trahms. In Briefen und für den jeweiligen Adressaten sorgsam ausgesuchten Postkarten, in Mails, Telefonaten und Artikeln berichtete sie von ihren Leseerlebnissen und stiftete Verbindungen zwischen Menschen, die oft noch gar nicht wussten, dass sie sich füreinander interessieren sollten.

In ihrem ersten Leben hatte die gelernte Buchhändlerin Deutsch an einem Düsseldorfer Gymnasium unterrichtet - und das gerne und erfolgreich. Sie war die Lehrerin, an deren Bildung, Begeisterungsfähigkeit und tagesaktuelle Beschlagenheit sich Schülerinnen und Schüler noch Jahrzehnte später dankbar erinnern.

Mit dem Ende des ersten Berufslebens fand die gebürtige Westfälin zu ihrer eigentlichen Berufung: dem Schreiben. Unter dem Pseudonym Luisa verfasste sie Miniaturen für den Feuilletonblog umblaetterer.de, engagierte sich auf poetenladen.de und verschaffte sich bald auch in den Kulturteilen der Zeitungen Gehör.

Sie rezensierte für den Tagesspiegel, die „Welt“ und „Volltext“, lebte ihre Leidenschaft für die Poesie in Beiträgen zur „Frankfurter Anthologie“ der „FAZ“ aus und entwickelte ein besonderes Vergnügen an erzählenden Formen wie den „Actionszenen der Weltliteratur“ in der „Literarischen Welt“: In der Anderen Bibliothek soll demnächst ein Sammelband erscheinen, der auch ihre Stücke enthält.

Womöglich wäre noch eine richtige Schriftstellerin aus ihr geworden. Unter anderem zeugen zwei reclamgelbe Hefte im Berliner SuKultur Verlag von ihren Talenten. Der Roman, an dem sie, körperlich zusehends fragil, arbeitete, wird aber wohl die Schublade nicht mehr verlassen.

In ihren Passionen war sie erstaunlich vielfältig: Zwischen Clarice Lispector und J.M Coetzee, Julien Green und Maurice Blanchot, Thomas Kling und Dagmara Kraus, war ihr nichts fremd. Vor allem spielten Generationengrenzen für sie keine Rolle. Je älter sie wurde, desto stärker interessierte sie sich sogar für die Jüngeren.

Am Rande der letzten Frankfurter Buchmesse sprach sie davon, dass es allmählich Zeit werde, ihren Nachlass in Ruhe zu ordnen. Zwei schwere Operationen, von denen sie sich nicht mehr erholte, haben ihr die Zeit dazu nicht mehr gelassen. Knapp zwei Monate nach ihrem 80. Geburtstag am 31. Januar ist Gisela Trahms nun am Ostermontag gestorben.

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