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Magermodel Isabelle Caro in der Doku "Seht mich verschwinden".

© Farbfilm / Kiki Allgeier

Magersucht-Doku "Seht mich verschwinden": Die Hungerjahre der Isabelle Caro

Am Schluss blieben 25 Kilo und eine seltsame Lebensweisheit: Isabelle Caro erlag 2010 ihrer Magersucht. Der Dokumentarfilm "Seht mich verschwinden" erzählt die Geschichte ihres Langzeitsuizids.

Es ist eine der tragischsten und verstörendsten Geschichten, die es gibt: Eine junge Frau stirbt, weil sie das Essen verweigert. Übrig bleiben ein verzweifelter Vater, ein paar Freunde und ein System, das von Regisseurin und Protagonistin in Mitverantwortung gezogen wird.

Isabelle Caro erlag 2010 in einem Krankenhaus den Folgen ihrer Magersucht. Die Pariser Gelegenheitsschauspielerin, die sich zwischenzeitlich bei einer Größe von 1 Meter 65 auf 25 Kilo heruntergehungert hatte, war zu dieser Zeit eine Berühmtheit: Für den Fotografen Oliviero Toscani hatte sie 2007 in einer Kampagne gegen Anorexie nackt Modell gesessen. Von den Plakaten, die nach wenigen Tagen wieder entfernt wurden, schaut ein skelettöses Wesen mit riesigen Augen, das den Mund im knochigen Gesicht kaum mehr zu schließen vermag.

Regisseurin Kiki Allgeier hat Caro damals kennengelernt, sie interviewt und begleitet, und ihr eine Kamera gegeben. Ihr Film „Seht mich verschwinden“ zeigt darum neben O-Tönen der Hinterbliebenen, Dokumenten aus Caros Zeit als „Top Model“-Jurorin, neben Kindervideos und -fotos aus dem Fundus des Vaters auch eine Art Videotagebuch, das Caro selbst drehte: Sie erzählt davon, die Krankheit überwinden zu wollen, von dem Gefühl, falsch verstanden zu werden.

Es bleiben viele Unbekannten

Man kann sie tatsächlich nicht verstehen. Das ändert der Film leider kaum: Trotz der Fülle des Materials wird aus der um Komplexität bemühten Geschichte ein Vexierbild, das mit vielen Unbekannten arbeitet. Ist Isabelles Vater ihr Erzeuger? Oder stimmt ihre Geschichte vom berühmten Künstler, mit dem ihre Mutter (die sich wenige Monate nach Isabelles Tod das Leben nahm) ein Verhältnis hatte? Hat der Vater seine kleine Tochter einst gezwungen, Geige zu spielen, ein Kinderstar zu werden? Ist Isabelle wirklich von ihrer depressiven Mutter jahrelang im Haus festgehalten worden? Oder war sie, wie der Vater sagt, ein glückliches, lebenslustiges Mädchen?

Übrigen bleiben seltsame Parolen

Allgeier schafft selten Fakten, sondern scheint selbst erschlagen vom Thema. Weder zur Magersucht noch zu Caros eigener Rolle in ihrem traurigen Langzeitsuizid geht sie über das bloße Ausstellen hinaus. Caros eigene Aussagen zur Krankheit bestehen aus seltsam platten Parolen wie „Man soll das Leben genießen“. Einzig ein O-Ton Toscanis, der den „typisch arroganten Blick“ des Magermodels anmerkt, lässt vermuten, wie gestört das Verhältnis der Kranken zu ihrem Körper sein mag, was Psychologisches alles dahinter steckt.

Kulturbrauerei, Zukunft

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