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Im Clinch. Leila (Layla Mohammad) und ihre Mutter Shireen (Niousha Noor) kommen sich in „The Persian Version“ zumindest tanzend näher.

© SONY PICTURES

Die Culture-Clash-Komödie „The Persian Version“: Girls Just Wanna Have Fun

Meine Mutter und ich: Maryam Keshavarz erzählt in ihrer autobiografischen Migrantenkomödie von weiblichem Empowerment im Iran und den USA.

Unten eine pinke Bikinihose, nackte Beine und Flipflops, oben eine Art Glitter-Burka, die nur einen Sehschlitz freilässt. Das ist das heiße Outfit, mit dem Leila (Layla Mohammadi) in New York im Sturmschritt über die Brooklyn Bridge rauscht, zu einer Halloween-Party. „Nice cultural comment“, meint Partygast Max, eine Dragqueen, mit der Leila, sonst eher lesbisch, prompt im Bett landet.

Muslimin und Lesbe, Amerikanerin und Iranerin, als einziges Mädchen unter acht Brüdern aufgewachsen und ihr ganzes Leben mit Mutter Shireen (Niousha Noor) im Clinch. Ich-Erzählerin Leila, die Heldin von „The Persian Version“, hat viele gute Gründe in komödiantische Konfusion zu verfallen und sich notorisch zwischen den Stühlen zu fühlen.

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Beim Sundance-Festival, der Leistungsschau der US-Independents, erhielt die iranischstämmige Filmemacherin Maryam Keshavarz im vergangenen Jahr den Drehbuch- und den Publikumspreis. Im Drehbuch liegen auch die Stärken von „The Persian Version“. Mit dem anfänglich betont sarkastischen Tonfall, den Leila anschlägt („Ich bin ein All-American-Girl, aber die Amerikaner sehen das anders.“), und Stilmitteln wie Jump-cuts, Reißschwenks, in-die-Kamera-sprechen, Textnachrichten, bunten Settings und treibender Popmusik entspricht Keshavarz’ Culture-Clash-Komödie allen Erwartungen des seit den 80er Jahren populären Genres, in dem inzwischen auch die migrantische Perspektive einen festen Platz hat.

Doch Keshavarz, die für die Geschichte autobiografische Erfahrungen plündert, belässt es eben nicht dabei, vor dem Hintergrund von Vaters Herz-Operation und Bruders Hochzeit, den Konflikt zwischen der flippigen Leila und ihrer strengen Mutter anzuspitzen – um dann auf das obligatorische Happyend zuzusteuern. Die Regisseurin und Autorin blättert die Familiengeschichte mittels Rückblenden in die 60er-, 80er und 90er Jahre im Iran und in den USA zum Empowerment-Drama von Großmutter, Mutter und Tochter auf.

Von der iranischen Hausfrau zur Maklerin. Mutter Shireen (Niousha Noor) dreht in den USA richtig auf.
Von der iranischen Hausfrau zur Maklerin. Mutter Shireen (Niousha Noor) dreht in den USA richtig auf.

© Sony

Trotz des manchmal rumpelnden Gefälles zwischen Komödien- und Drama-Tonalität schaffen die verschiedenen Ebenen ein Plus an erzählerischem Reichtum. Inklusive Gags wie dem Besuch der von Familienvorstand Ali Reza (Bijan Daneshmand), einem Arzt, angeführten Sippe im Iran Mitte der Achtziger, bei dem die kleine Leila mit ihrer Begeisterung für Cindy Laupers „Girls Just Wanna Have Fun“ die Großfamilie zu einer Tanzeinlage inspiriert.

Mit 13 im Iran verheiratet

Einen Bollywood-Touch, wie ihn das Filmplakat insinuiert, hat „The Persian Version“ trotz mancher Aufgekratzheit und einiger Tanzereien nicht. Zu schwer wiegt dafür die Backstory von Mutter Shireen, die trotz erstklassiger schulischer Leistungen dazu verdonnert wird, im Alter von 13 Jahren dem viel älteren Landarzt-Gatten als Hausfrau aufs Dorf zu folgen. Die kühle Strenge, mit der Shireen ihre Tochter später in den USA ob ihres allzu westlichen Lebenstils abkanzelt, gründet – ein Klassiker unter Frauen aufeinanderfolgender Generationen – in der selbst erlittenen Repression.

In den 90er Jahren, als ihr Ehemann Probleme mit dem Herzen bekommt, schwingt Shireen sich gegen alle Widerstände gar zur Familienernährerin auf. Sie holt ihren Schulabschluss nach, wird Maklerin und spezialisiert sich auf das Vermitteln von Wohnungen an Migrantenfamilien. So erweist sich rückblickend, dass die Mutter von neun Kindern noch zu ganz anderen Selbstermächtigungsleistungen fähig war als ihre ach so rebellische Tochter. Leila konnte immerhin unbehelligt zwei Master-Abschlüsse an der Universität erwerben, auch wenn sie immer noch erfolglos um die Liebe der Mutter ringt.

Klar, dass ein fröhlicher Familienfilm wie „The Persian Version“ einen versöhnlichen Schluss bereithält, immerhin selbstironisch gebrochen und mit einer kleinen Kotzeinlage dekoriert. Ohne dieses drastische Erzählmittel maximalen Unwohlseins kommt derzeit ja kaum ein Kinofilm aus.

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