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Die holländischen Pianisten-Brüder Arthur und Lucas Jussen spielten Francis Poulencs Konzert für zwei Klaviere und Orchester mit dem DSO

© Sanja Marusic/Sanja Marusic

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin: Aus zwei mach eins

Die Pianisten-Brüder Lucas und Arthur Jussen begeistern bei ihrem Debüt mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. Fabien Gabel dirigiert den französischen Abend in der Philharmonie.

Von Tye Maurice Thomas

Ganz im Zeichen des Tanzes steht das Konzert am Mittwochabend im großen Saal der Philharmonie. Unter der Leitung des französischen Dirigenten Fabien Gabel lädt das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin zu einem rhythmusgeladenen Abend, bei dem man nur mit Mühe stillsitzen kann.

Einleitend erklingt Maurice Ravels Liebeserklärung an den Wiener Walzer, die „Valses nobles et sentimentales“. Die acht Orchesterminiaturen entstanden 1911/1912 als Musik zum Ballett „Adelaȉde ou le langage des fleurs“ und verweisen, trotz ihrer zart-melancholischen Stimmung, bereits auf Ravels grelle Karikierung des Walzers in „La Valse“ von 1920. Die Musiker:innen heben die motivischen Zusammenhänge zwischen beiden Werken sensibel hervor, auch wenn die „Valses nobles“ noch weit vom Abgrund entfernt sind.

Aufforderung zum Tanz

Ein Tanz für 20 Finger ist das Konzert für zwei Klaviere von Francis Poulenc aus dem Jahre 1932. Langsam erheben sich die beiden Flügel aus der Bühnenversenkung und wirken, ineinandergeschoben, wie ein Instrument - eine passende Metapher für das symbiotische Spiel der Brüder Lucas und Arthur Jussen, die als Solisten zu hören und erstmalig beim DSO zu Gast sind.

Mit atemberaubender Virtuosität jagen sie einander durch Poulencs verspieltes Labyrinth aus Klassik, nüchternem Minimalismus, Cabaret- und balinesischen Gamelan-Anklängen. In Spiel und Körpersprache ergänzen sich die jungen Niederländer (30 und 27) derart, dass man meint, in ein Spiegelkabinett zu schauen. Im zweiten Satz dagegen, den Poulenc als „poetisches Spiel mit dem Portrait Mozarts“ bezeichnete, entführen die beiden in weit gespannten Phrasen im Dialog mit dem Orchester in Sphären unendlicher Ruhe.

Zweimal Salome

Lustbetonte und düstere Seiten des Tanzes sind nach der Pause zu erleben. Mit Richard Strauss’ „Tanz der Sieben Schleier“ aus seiner Oper „Salome“ (1905) und der 1913 entstandenen Ballettsuite „La Tragédie de Salomé“ des heute nahezu vergessenen Komponisten Florent Schmitt behandeln zwei Werke den berühmten „Striptease“ biblischen Ursprungs. Die Musiker:innen des DSO erwecken Strauss’ opulentes Tonbild aus musikalischen Orientalismen und Walzerklängen mit rhythmischer Genauigkeit und Transparenz zum Leben.

Mit einer Naturkatastrophe, die den Palast des Herodes unter sich begräbt, endet Salomés Tanz in Florent Schmitts Ballettmusik. Schmitt erzählt die apokalyptische Geschichte in einer expressiven, oft brachialen Tonsprache, die französische und deutsche Einflüsse verbindet und mit ihrer aggressiven Rhythmik Strawinskys „Sacre du Printemps“ vorwegnimmt. Die noble Zurückhaltung des DSO bekommt den schwülstigen Werken sehr gut und lässt das Orchester auch in großer Besetzung durchsichtig klingen wie ein Kammerensemble.

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