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Schwitzritual. Eberhofer (Sebastian Bezzel, r.) und Flötzinger (Daniel Christensen) auf Männlichkeitssuche.

© dpa/BERND SCHULLER

Der neue Eberhofer „Rehragout-Rendezvous“: Provinzposse mit Sommerkinotradition

Wenn Krähen Ohren finden und die Oma streikt, dann ist Alarm in Niederkaltenkirchen. Ed Herzog hat zum neunten Mal einen Regionalkrimi von Rita Falk verfilmt.

Sie sind längst ein Sommerphänomen, die Eberhofer-Krimis. Seit zehn Jahren setzt es fast jeden August eine bayerische Provinzposse. Immer dieselbe Platte mit familiärem Gezeter auf dem Bauernhof des Dorfpolizisten. Immer ein wirrer Mordfall, immer der Kreisverkehr von Niederkaltenkirchen.

Und trotzdem freuen sich bundesweit Menschen, die von Sebastian Bezzel, Lisa Maria Potthoff und Simon Schwarz angeführte Bagage zu sehen. Je länger sich die nunmehr bei der neunten Ausgabe angelangten Heimatgrotesken nach Rita Falks Romanen hinziehen, desto größer wird der Kultfaktor. Er verfängt nicht nur bei Leberkäsfans und bekennend schlichten Gemütern.

Die jüngste Folge, „Rehragout-Rendezvous“, lässt mit ihrem gemächlichen Erzähltempo den Charakteren etwas mehr Zeit zum Atmen. Da ging es in „Leberkäsjunkie“ 2019 überkandidelter zu. Dafür macht die Fortsetzung den Fehler, populäre Figuren aus den Vorgängern wie den Fußballstar Buengo (Castro Dokyi Affum) und den Dorfdrachen Mooshammer Liesl (Eva Mattes) in dünne Zweitplots einzubinden. Dieses Ranwanzen an die Publikumserwartungen haben Regisseur Ed Herzog und Drehbauchautor Stefan Betz eigentlich nicht nötig.

Schließlich geht’s mit „Rehragout-Rendezvous“ endlich gesellschaftlich aufwärts in Niederkaltenkirchen. Die Frauen streiken, ja übernehmen die Macht. Am Heiligabend, als draußen sacht der Schnee rieselt und drinnen alle an den Fleischtöpfen sitzen, gibt Oma Eberhofer (kernig wie eh und je: Enzi Fuchs) ihren Rückzug vom Herd bekannt.

Mit 86 keine Überraschung. Trotzdem ein Schock für den Anarchobullen Franz (Sebastian Bezzel), seinen Spießerbruder Leopold (Gerhard Wittmann) und beider Kifferpapa (Eisi Gulp). Keines der Mannsbilder kann Haushalt. „Und wer kocht, putzt, spült und macht die Wäsche?“, greinen sie. Omas Antwort ist bündig: „Ihr!“

Zelten im Baumarkt. Franz (Sebastian Bezzel) und Susi (Lisa Maria Potthoff ) in „Rehragout-Rendezvous“ mitsamt Hund Hinkelotta.

© dpa/BERND SCHULLER

Eberhofers Freundin Susi (Lisa Maria Potthoff) ist die letzte, die den Traditionsjob übernehmen will. Sie vertritt im Gemeindeamt neuerdings den Bürgermeister und setzt Franz auf halbe Stelle, damit er sich besser um beider Sohn Pauli kümmern kann. Bloß gut, dass ein Vermisstenfall und eine Krähe mit Menschenohr im Schnabel den umgehenden kriminalistischen Einsatz von Eberhofer und Spezl Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) erfordern. Auch so einer, dem eine Männlichkeitskrise zu schaffen macht.

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Eberhofers Stammtisch setzt umgehend einen „Men’s Energy Day“ bei einem Schamanen an, der sich prompt zum komödiantischen Feuerwerk auswächst. Wie überhaupt die Eberhofer-Grotesken keineswegs durch Spannung und Raffinesse beim Krimiplot, sondern durch das fröhliche Knallchargentum des Ensembles unterhalten.

Dass Karrierefrau Susi ihrem lendenlahmen Franz durch ein Zimmermädchenkostüm erotisch aufhelfen will und dann auch noch Viagra ins Spiel kommt, ist dann die Art derber Dödelhumor, die ein Monty-Python-Eberhofer wie „Winterkartoffelknödel“ 2014 noch nicht nötig hatte.

Je breiter man den Topfen tritt, desto dünner wird er. Ein Problem des linearen Schreibens und Erzählens, das auch Serien haben. Selbst wenn die unkaputtbare Eberhofer-Figur des bayerischen Grantlers im Mittelpunkt steht. „Papa, was ist ein Perverser?“ fragt Klein-Pauli. „Der kommt aus Perversien“, kalauert Vater Franz. „Warum fotografiert’s ihr euer Bier?“, fragt Franz seinerseits die Stammtisch-Spezln. Na, wegen Instagram, antworten die. „Ich hab‘ schon ein Like“, jubelt Installateur Flötzinger. „Ach, like mi doch am Arsch“, grummelt Technikmuffel Franz. So weit, so erwartbar. Eine Filmreihe als Konstante, als Sommerbespaßung in der unübersichtlichen Welt.

Bleiben bis zum August 2024 zwei Dinge: die Hoffnung, dass die Eberhofer-Filme wieder so schräg wie zu Beginn werden. Und die Angst, dass Omas Umzug in die Feministinnen-WG womöglich Enzi Fuchs‘ Ruhestand einläutet. Nicht auszudenken, der Eberhofer-Saustall ohne Omas strenges Regiment. Abwaschen kann er jetzt wenigstens, der Franz.

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