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DENKEN: Denk dich glücklich!

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun?

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und: Was ist der Mensch? Wir beantworten sie, nicht immer ganz ernst gemeint, mit dem Hinweis auf eine besonders empfehlenswerte Veranstaltung im Vortrags-, Lesungs- und Debattendickicht Berlins – und den Menschen, der dahintersteht.

Was kann ich wissen?

Diese Woche wird’s tricky. Denn es geht um das Glück beziehungsweise die Frage, wie man dieses steigert. Fachmann Paul Dolan, Professor für Neuro- und Verhaltenswissenschaften an der London School of Economics und Political Science, hält Glücksgefühle für beeinflussbar: „Man muss allerdings den Unterschied beachten zwischen den Dingen, von denen man weiß, dass sie einen glücklich machen, und den Dingen, von denen man weiß, dass sie einen eigentlich glücklich machen sollten: der Job, der Partner oder die Partnerin, das große Haus, möglichst viel Geld. Das verwechselt man leicht – und tut dann das Falsche.“ Ob es sich um bissfestes Glück oder falsches Talmi handelt, zeige sich an der Aufmerksamkeit, die wir Dingen und Aufgaben widmen, meint Paul Dolan. Denn das Gehirn wolle maximalen Gewinn bei minimalem Einsatz. Das geht am besten, wenn es ohne Ablenkungen arbeitet. Diese Erkenntnisse sollten aus Dolans Sicht auch Politik und Wirtschaft nutzen. Denn der Mensch könne sich tatsächlich „glücklich denken“, wenn er sich in seiner Umwelt und Arbeitsumgebung wohlfühlt: „Glückliche Arbeiter sind auch produktivere Arbeiter; einfach, weil sie ihre Aufmerksamkeit auf ihr Tun richten, was die Produktivität steigert.“ Multitasking ist aus Dolans Sicht logischerweise eine totale Fehlentwicklung, da Herumswitchen weder die Produktivität noch das individuelle Glücksempfinden steigert. Um hier Abhilfe zu schaffen und Irrwege zu verlassen, erforscht er den „Produktionsprozess für Glück“. Das klingt total super, passt aber auch irgendwie supergut in unsere optimierungssüchtigen Zeiten.

Was soll ich tun?

Den Glücksproduktionsprozess schon mal selber ankurbeln: Am Montag um 17 Uhr lausche ich superkonzentriert Professor Dolans Queen’s Lecture „Happiness by design“ an der Technischen Universität. Keine Angst, an der TU haben sich keine monarchischen Strukturen etabliert, es handelt sich lediglich um eine Vortragsreihe, die den Berlinern 1965 anlässlich eines Besuchs von Königin Elisabeth II. von den Briten geschenkt worden ist. Alljährlich spricht ein renommierter britischer Wissenschaftler über sein Fachgebiet. Naheliegend: Der Vortrag findet in englischer Sprache statt (Audimax der TU, Straße des 17. Juni 135).

Was darf ich hoffen?

Auf mehr Glück. Und noch mehr Glück. Und noch viel, viel mehr Glück. Wie jeder Wirtschaftszweig steht auch die Glücksproduktion unter dem Primat des Wachstumsgedankens.

Was ist der Mensch?

Neben seiner Professur fungierte und fungiert Dolan laut Pressemitteilung auch als Mitglied vieler Expertengremien der britischen Regierung sowie als Berater des Department for Environment, Food and Rural Affairs, des Department of Health, des Department of Communities and Local Government sowie des britischen Innenministeriums. Bis vor kurzem gehörte er zum „Behavioural Insights Team“ des britischen Kabinetts, nun ist er Chefberater des „Government Economic Service“. Und wir dachten, Multitasking war gestern. Elke Brüns

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