zum Hauptinhalt

© Victoria Tomaschko

Das Leben in Schichten: Sezieren als Inspirationsquelle –wohin das wohl führt?

Auseinandernehmen von Körpern, Auftritte im anatomischen Theater – die Künstlerin Camila Sposati nutzt das als Ausgangspunkt ihrer Kunst. Wo sie landet, zeigt die ifa-Galerie.

Eine Kolumne von Birgit Rieger

Wissen entsteht durch Anschauung. Dieser Gedanke fasziniert die brasilianische Künstlerin und Forschende Camila Sposati, die im Moment ihre erste große Einzelausstellung in Deutschland hat.

Zugegeben, ich besuchte ihre Schau in der ifa-Galerie in Mitte, weil mich ein Begriff im Ankündigungstext aufhorchen ließ, der mich fesselte und abstieß zugleich. Es hieß, eine der Inspirationsquellen Sposatis sei „die elementare Erfahrung des Sezierens von Körpern“. Ich musste an den Plastinator Gunther von Hagens denken.

Das anatomische Theater

Die Künstlerin interessiert sich auch für die Orte, an denen solche Erkenntnisprozesse seit dem späten 16. Jahrhundert stattgefunden haben: für das anatomische Theater, trichterförmig gebaut. Das Publikum in den Rängen verfolgte, wie unten im Zentrum Körper auseinandergenommen werden. Eine Art Wissenstheater, mit Dramaturgie, bestimmten Regeln und einer zugespitzten Narration für mehr Spannung.

Das Sezieren nimmt Sposati als philosophisches Grundmotiv für ihre Kunst. Beim Artist Talk in der ifa-Galerie führte die Künstlerin mit dem brasilianischen Kurator Marcelo Rezende durch die Ausstellung. Zunächst war das, was dort zu sehen war, nur schwerlich mit der Seziererei in Einklang zu bringen.

Sposati hat filigrane Keramik-Objekte gefertigt, die auf hohe dünne Ständer gelegt sind und auf Augenhöhe des Betrachters schweben. Es sind Instrumente, etwa ein bauchiges Tongefäß, in das sich blasen oder lauschen ließe. Oder eine Flöte, deren Resonanzkörper in drei Hälsen und Mundstücken endet. Das Instrument kann von drei Personen gespielt werden, die sich allerdings gut aufeinander abstimmen müssen.

Auch die Beschaffenheit von Sound gehört zu Sposatis Themen. Klänge sind für sie ebenfalls Wissensträger. Sie künden vom Dasein der Menschen – so, wie es wohl auch seine Eingeweide tun. Es sei jedenfalls empfohlen, diese Objekte mit eigenen Augen zu sehen (bis 4. Februar, Linienstr. 139/140). So schließt sich der Kreis.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false