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Das Kyiv Symphony Orchestra am 10.9.2023 im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie.

© Fabian Schellhorn

Das Kyiv Symphony Orchestra zu Gast in Berlin: Die Freiheit über alles lieben 

Auf Einladung der Berliner Philharmoniker gastiert das Kyiv Symphony Orchestra im Rahmen des „Musikfest Berlin“ unter der Leitung von Luigi Gaggero im Kammermusiksaal der Philharmonie.

Von Justus Jansen

,,Freiheit über alles lieben, Wahrheit nie, auch sogar am Throne nicht verleugnen.‘‘ So hat es Ludwig van Beethoven schon 1793 niedergeschrieben und damit weit im Voraus einen passenden Titel für das Konzertprogramm des Kyiv Symphony Orchestra gefunden, das am Sonntag im Rahmen des Musikfestes im Kammermusiksaal der Philharmonie gastierte.

Eine solche Begegnung ist vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine von ganz eigener Besonderheit. Jeder Ton, der hier gespielt wird, ist ein wertvoller, denn er zeigt: Die Musiker dieses Orchesters leben, aktuelle im Exil in Gera, sie spielen, werden durch die Philharmoniker-Intendantin Andrea Zietzschmann begrüßt und vom Berliner Publikum mit herzlichem Applaus empfangen.

Luigi Gaggero dirigiert das Kyiv Symphony Orchestra am 10.9.2023 im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie.

© Fabian Schellhorn

Wie sehr hätte man sich an diesem Abend, bei diesem Programm, mit diesem Ensemble tiefe Emotionen und großes musikalisches Können gewünscht. Wie groß wäre die Chance des Kyiv Symphony Orchestra all‘ die berechtigte Trauer, die Wut, das Ringen mit dem Schicksal hier auf die Bühne zu bringen.

Die Symphonie Nr. 5 von Mychajlo Werbyzkyj ist deswegen aufregend, weil der Komponist der ukrainischen Nationalhymne hierzulande selten gespielt wird. In Robert Schumanns‘ Cellokonzert dagegen vermag selbst Ludwig Quandt, seit 30 Jahren erster Solocellist der Berliner Philharmoniker, nicht zu überzeugen. Sein Spiel wirkt unambitioniert, zuweilen sogar so ungenau, dass Dirigent Luigi Gaggero große Mühe hat, Orchester und Solist zusammenzuhalten.

Überhaupt kann man den Eindruck gewinnen, dass Gaggero, der das Orchester seit fünf Jahren leitet, mit erheblichen Autoritätsproblemen zu kämpfen hat. Sein Dirigat ohne Taktstock ist zäh, die Einsätze kommen undeutlich und so manche Unsauberkeit des Orchesters ist dem Maestro zuzurechnen. Gerade bei Beethovens‘ Symphonie Nr. 5, einem ,,Evergreen‘‘, den viele Liebhaber sinfonischer Musik auswendig kennen, dürften Unsauberkeiten und Inkohärenzen nicht vorkommen. Die Blechbläser aber übersteuern im Forte, die Streicher fallen immer wieder auseinander. Allein den Holzbläsern gelingt zuweilen ein runder Klang. Und so sind die stehenden Ovationen am Ende des Konzertes vor allem als Zeichen des Respekts für die Gäste aus Kyjiw. 

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