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Reflektiert. Die Ostfassade des Humboldt Forums mit dem Fernsehturm.

© Stefanie Loos/AFP

Das Humboldt Forum eröffnet am Dienstag: Workshop der Zukunft

Endlich kann das Humboldt Forum Gäste empfangen - aber nur ein Teil des Hauses ist geöffnet

Als Wilhelm von Humboldt seinem Bruder Alexander die Stelle eines Museumsdirektors in Berlin antrug, war der sehr verärgert. Auf keinen Fall ein öffentliches Amt im wenig geliebten Preußen! Es drehte sich um die Gemäldegalerie im 1830 eröffneten Alten Museum, wie der Schinkelbau heute heißt. Zu der Zeit war Alexander von Humboldt auf großer Russlandreise, die ihn bis an die chinesische Grenze führte.

Damals sah Museumspolitik noch ganz anders aus. In dem Neubau wurde europäische Malerei gezeigt. Objekte aus Übersee und Prähistorisches galten als Kuriositäten, während Alexander von Humboldt die Kulturen der Welt im Zusammenhang sah. Und so ist es doch noch passiert. Ein riesiges Ausstellungshaus, das den Namen der Humboldts trägt, eröffnet im Zentrum der Hauptstadt. Die Einweihung war ursprünglich einmal zu Alexander von Humboldts 250. Geburtstag am 14. September 2019 geplant. Dann kamen die üblichen Bauverzögerungen, erwartbar bei einem bald 700-Millionen-Euro-Projekt, und dann kam die Pandemie.

Das Wichtigste bleibt noch geschlossen

An diesem Dienstag, dem 20. Juli, öffnen sich die Türen für die Sonderausstellung „Schrecklich schön. Elefant – Mensch – Elfenbein“, für die historische Dokumentation des Ortes, das Humboldt Labor, eine Kinderausstellung und die „Berlin global“-Schau. Das Kernstück der 30 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, die ethnologischen Sammlungen, sollen Ende September zugänglich sein.

Es ist eine seltsame Koinzidenz – der 20. Juli ist der Tag, an dem an Stauffenbergs Attentat auf Hitler 1944 erinnert wird. Doch das wiederaufgebaute Schloss ruft Vergangenes hervor. Dass ein Förderverein auf dem Schlossplatz eine Bronze errichten und eine Spendenkampagne für den Wiederaufbau des Palastes der Republik starten will, kann man lustig finden; an den Vorgängerbau wird im Hohenzollern-Wiedergänger-Gebäude an einigen Stellen erinnert.

Schaufenster der Geschichte

Das Humboldt Forum gleicht einem Schaufenster. Wären die afrikanischen Objekte und auch das bei vielen Berlinern so beliebte Luf-Boot aus der Südsee in Dahlem geblieben, hätte die Raubkunstfrage wohl nicht derart an Dynamik gewonnen, für deutsche Verhältnisse. Die Bundesrepublik und Nigeria verhandeln endlich über von Rückgabe der Benin-Bronzen, die es aus kolonialer Zeit in einer Reihe deutscher Museen gibt.

Wohl noch nie ist ein so großes, mit derart gewaltigen Ansprüchen befrachtetes Kulturprojekt begonnen worden, das zugleich einen so vielschichtigen Hinter- und Untergrund hat. Wilhelminische Kolonialgeschichte, DDR-Geschichte, all das verbunden mit dem Versprechen, an diesem Ort ein weltoffenes Deutschland zu präsentieren – da kann man nur Glück wünschen. Erst wenn einmal auch die Museumsinsel keine Baustelle mehr sein wird, lassen sich die Dimensionen des Museumskomplexes ausschöpfen. Der neue U-Bahnhof immerhin ist in Betrieb.

Städtebaulich soll das Humboldt Forum eine Lücke schließen – von hier geht die Achse bis zum Brandenburger Tor. Franco Stellas kalte Architektur, die sich besonders an der Ostseite breit macht, hat noch einen anderen Effekt. Als zeitgenössisches Gegengewicht sind Hochhäuser am Alexanderplatz vorstellbar. Aber da zerrt man wieder um ein paar Meter. Großspurig, kleingeistig. Irgendwie auch typisch Berlin.

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