zum Hauptinhalt
Der Brachial-Humor der „Titanic“ verschonte auch nicht Papst Benedikt XVI..

© Promo

Die „Titanic“ sendet SOS: Das endgültige Satiremagazin steht vor dem Untergang

So pleite wie noch nie. Jetzt soll eine Rettungs-Werbeaktion das Überleben sichern helfen.

Die Lage ist so ernst, dass sie kein Witz der Welt besser machen kann. Das Satiremagazin „Titanic“ steht vor dem Untergang, sprich vor der Insolvenz. Jetzt soll eine Werbeaktion retten, was vielleicht nicht mehr zu retten ist. Der Verlag benötigt 5000 neue Abos, um wenigstens bis Jahresende weitermachen zu können. Aktuell hat das Monatsmagazin 17.500 Abonnentinnen und Abonnenten, die Gesamtauflage beträgt 37.000 Hefte.

So pleite wie noch nie

Das reicht nicht mehr. „Wir sind so pleite wie noch nie“, sagte Chefredakteurin Julia Mateus. Inflationsbedingte Kündigungen, stark gestiegene Papier- und Versandkosten machen dem Magazin zu schaffen, des eigenen Humorverständnisses wegen wird auch „Massagesessel für die Chefredaktion“ ins Feld geführt.

„Helfen Sie uns dabei, das letzte Printmagazin auf dem deutschen Markt zu werden.“ Die Rettungs-Werbeaktion via Abos oder Spenden läuft am heutigen Freitag an. Prominente Unterstützung kommt beispielsweise von Maren Kroymann und Jan Böhmermann.

Beim „Missy Magazin“ scheint die Rettungsaktion gelungen zu sein.
Beim „Missy Magazin“ scheint die Rettungsaktion gelungen zu sein.

© Promo

Beim Faktor der gestiegenen Kosten sind Redaktion und Verlag relativ machtlos. Hinzu komme aber, sagte Oliver Maria Schmitt, einer der „Titanic“-Herausgeber, der „FAZ“, das Problem, dass es immer mehr Konkurrenz in Sachen Satire gebe, auch in Sendern wie ARD und ZDF, etwa durch Jan Böhmermann oder die „heute show“. Beim Publikum, das Bedarf an täglicher Satire habe, „grätschen uns die Öffentlich-Rechtlichen massiv rein“, zitiert die Zeitung Oliver Maria Schmitt.

Beim Publikum, das Bedarf an täglicher Satire hat, grätschen uns die Öffentlich-Rechtlichen massiv rein.

Oliver Maria Schmitt, „Titanic“-Herausgeber

Darüber hinaus gebe es ein verändertes „Satire-Nutzungsverhalten“, das ein monatlich erscheinendes Magazin mit einem redaktionellen Vorlauf von einer Woche schwerlich bedienen könne. Diese „anachronistische Darreichungsform“ sei immer schwerer zu vermitteln. Man müsse deshalb darüber nachdenken, wie eine „Titanic 5.0“ aussehen könnte.

Der Aktualität hinterher

Klar, die „Titanic“ in Heftform hinkt der Aktualität immer hinterher, die Witze laufen der Realität immer hinterher. Postillon.com dagegen kann minütlich, ja sekündlich reagieren. Oder ist der Brachial-Humor einer „Titanic“ in den empfindsamen, woken Zeiten nicht mehr so gefragt? Wie auch immer, das Satiremagazin aus Frankfurt am Main ist seit zwei Monaten zahlungsunfähig. Was kein Scherz, sondern bittere Realität ist. Die Kapelle spielt weiter, sehr schön, aber nur gelungene Rettungsaktionen können den Untergang des 1979 erstmals erschienenen „endgültigen Satiremagazins“ retten.

Nun ist die „Titanic“ nicht das einzige Papiermedium, das um seine Existenz kämpfen muss. Die linke Tageszeitung „nd“, früher „Neues Deutschland“, hatte Ende Juni eine finanzielle Lücke von 635.000 Euro gemeldet. Jetzt werden 140.000 Euro an eingegangenen Spenden gepriesen, das rettende Ufer sei näher gekommen, meldet der Verlag.

Auch beim feministischen „Missy Magazin“ drohte die Zahlungsunfähigkeit. Der Appell an die Leserinnen und Leser, neue Abos abzuschließen, hat aber gefruchtet, 1500 neue sind dazugekommen. Ob das reicht, wird sich zeigen.

Auch „Katapult“ funkt SOS. „,Katapult’ ist insolvent“, sagte Gründer und Herausgeber Benjamin Fredrich der „FAZ“. Man habe sich in zu vielen Projekten wie Romanen und polnischer Literatur verfranzt, kaum Marketing gemacht. Im August wurden schon keine Gehälter mehr bezahlt, es steht Spitz auf Knopf. Jetzt sollen die Leserinnen und Leser, die Abonnentinnen und Abonnenten retten, was vielleicht nicht mehr zu retten ist. Es treibt nicht nur die „Titanic“ auf dem offenen Print-Meer.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false