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Titelbilder der Magazine „Comixene“ und „Alfonz“.

© Comixene/Alfonz

Schluss nach knapp 50 Jahren: Fachzeitschrift „Comixene“ stellt Erscheinen ein

Sie war lange Zeit ein wichtiges Forum der Comicszene, provozierte aber immer wieder auch Kritik. Jetzt erscheint die „Comixene“ zum letzten Mal.

In zwei Wochen endet eine Mediengeschichte, die vor knapp 50 Jahren begann. Die „Comixene“, eine der ältesten Publikationen der deutschsprachigen Comicszene, stellt ihr Erscheinen ein. Das hat ihr Herausgeber jetzt verkündet.

Im November 1974 hatten drei damals junge Comicfans die erste Ausgabe der „Comixene“ veröffentlicht, die sich in den folgenden Jahren zu einem wichtigen Organ der Szene entwickeln sollte: Rene Lehner, Thilo Rex und Andreas C. Knigge.

Nach mehreren Wechseln in der Leitung des Magazins fungierte seit 2015 Gründer Rene Lehner als der alleinige Herausgeber und Chefredakteur, die Beiträge im Magazin stammen zum Teil von ihm, vor allem aber von zahlreichen freien Autorinnen und Autoren. Für den 26. September kündigt der Schweizer nun auf der Verlags-Website die 147. Ausgabe des Magazins an, daneben der Zusatz: „Die Comixene erscheint in dieser Form nicht mehr.“

Stattdessen sollen einige der Inhalte der „Comixene“ künftig in einer anderen Zeitschrift fortgeführt werden, die sich in den vergangenen Jahren als feste Größe in der deutschsprachigen Comic-Publizistik etabliert hat: Dem seit 2012 vierteljährlich erscheinenden Fachmagazin „Alfonz“, herausgegeben von Volker Hamann und Matthias Hofmann.

Die steigenden Kosten, aber auch mein Alter und meine Gesundheit machen mir zu schaffen.

Rene Lehner, Herausgeber der „Comixene“

Das „Comixene“-Logo wandere zu „Alfonz“ und solle dort im Untertitel „Reporter der Comixene“ verewigt werden, auch einige Rubriken werden im bisherigen Konkurrenzmagazin weiterleben. Im Januar 2024 soll das erste „Alfonz“-Heft mit „Comixene“-Elementen erscheinen.

Die Gründe für diesen Schritt hat Herausgeber Lehner, der sich in den Jahren nach Gründung der „Comixene“ vor allem als Cartoonist und Comiczeichner einen Namen gemacht hat, in einer Mail an seine Autorinnen und Autoren mitgeteilt. Neben den steigenden Kosten spielten auch das Alter und die Gesundheit eine Rolle, schreibt er darin, Lehner ist 68.

Fokus auf „Michel Vaillant“ und die „Freak Brothers“

Die „Comixene“, die zuletzt alle drei Monate erschien, war vor allem in jüngster Zeit in der Comicszene nicht unumstritten. Für viele Leserinnen und Leser war sie in den letzten Jahren zu sehr auf die Vergangenheit bezogen. Das Titelbild der letzten Ausgabe bekräftigt diesen Eindruck: Es zeigt ganzseitig die Figur Lupo, die ältere Semester aus der Reihe „Fix und Foxi“ kennen.

In den Ausgaben davor waren zwar auch aktuelle Entwicklungen wie die Folgen von Künstlicher Intelligenz für die Comicszene Titel-Thema. Es überwogen jedoch oft eher klassische Themen, Covermotive waren zuletzt unter anderem die historische Rennfahrerserie „Michel Vaillant“, die „Freak Brothers“ oder „Winnetou“-Comics aus den 1960er Jahren.

Aus zwei mach eins: Links das aktuelle „Alfonz“-Titelbild, rechts das Cover der letzten „Comixene“, die am 26. September erscheinen soll.
Aus zwei mach eins: Links das aktuelle „Alfonz“-Titelbild, rechts das Cover der letzten „Comixene“, die am 26. September erscheinen soll.

© Comixene/Alfonz

Eine größere Kontroverse provoziert die „Comixene“ vor zwei Jahren, als Herausgeber Lehner in seiner Meldungsrubrik blauäugig ganze Passagen aus der Pressemeldung eines rechtsextremen Verlages zitierte, der seit einiger Zeit auch Comics veröffentlicht. Dafür wurde er in der Szene teils scharf kritisiert, auch wenn er im Nachhinein beteuerte, von der politischen Ausrichtung des Verlages nichts gewusst zu haben und derartigen Veröffentlichungen kein Forum bieten zu wollen.

Es ist nicht die erste Einstellung

Dass die „Comixene“ ihr Erscheinen einstellt, in der Geschichte der Zeitschrift nicht ganz neu, ihre wirtschaftliche Lage war auch in früheren Jahrzehnten nicht immer stabil. Ihre erste Blütezeit hatte die „Comixene“ in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren, eine Zeit lang erschien sie gar monatlich und erreichte eine Auflage von 10.000 Exemplaren. 1982 war dann zum ersten Mal vorübergehend Schluss, wegen finanzieller Engpässe und einem kostspieligen Rechtsstreit stellte die „Comixene“ ihr Erscheinen ein und wurde erst 1994 wiederbelebt – allerdings nur für zwei Jahre, danach war ein weiteres Mal Schluss.

Ab 2003 wurde sie dann von einem neuen Team um Martin Jurgeit ein weiteres Mal reaktiviert, erschien vorübergehend monatlich und beeindruckte vor allem während des Internationalen Comic-Salons Erlangen mit opulenten Sonderausgaben. 2012 war dann erneut Schluss, bis Rene Lehner 2015 einen weiteren Anlauf unternahm, das Magazin zu neuem Leben zu erwecken.

Auf Facebook äußerten sich loyale „Comixene“-Leser auf der Seite der Zeitschrift enttäuscht. „Das allerbeste Comicsekundärmagazin geht im Allerschlechtesten auf“, schrieb einer. „Entsteht hier langsam ein Comic-Sekundärmagazin-Monopol...!?“, fragt ein anderer und verweist auf das eher comic-historisch ausgerichtete Magazin „Die Sprechblase“, das ebenfalls „seit einiger Zeit schwächelt“ und möglicherweise „der nächste Übernahmekandidat“ wäre.

Ein Leser wünscht sich bei der Übernahme des Namens „Comixene“ durch „Alfonz“ eine klare formale Abgrenzung der beiden Marken: „Alfonz für Rezensionen, News, Aktuelles, Werkstattberichte. Comixene für Comicforschung und Essays. Wenn das passiert, wäre der Vielfalt gedient.“ Das hält ein weiterer Kommentator für  unrealistisch: „Hat in solchen „Fusionen/Übernahmen“ noch nie funktioniert“, schreibt er. „Der Übernehmende macht so weiter wie bisher und der Übernommene verschwindet von der Bildfläche.“

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