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Eine Szene aus „Pippin der Nichtsnutz“.

© Edition Moderne

Retro-Märchen „Pippin der Nichtsnutz“: Der Schweizer Vogelflüsterer

Tim Krohn und Chrigel Farner erzählen in „Pippin der Nichtsnutz“ ein kunstvolles Märchen. Am Mittwoch signiert der Zeichner sein Werk in Berlin.

Der junge Pippin ist der dritte Sohn eines Gärtners, der in Diensten des Fürsten von Sursilvanien steht. Pippins ältere Brüder glänzen als Jäger und Förster, ihr Vater züchtet sogar einen Baum mit goldenen Äpfeln. Daraufhin verspricht der Fürst, einen der Gärtnersöhne zu seinem Nachfolger als Herrscher zu ernennen.

Als dann jedoch ein Goldapfel gestohlen wird, beginnt für Pippin eine Odyssee durch die abgelegenen Bündner Fürstentümer in einem mittelalterlich-fantastischen Gewand.

Dabei will die Hauptfigur des Comics „Pippin der Nichtsnutz“ (Edition Moderne, 96 S., 29,80 €) gar kein Fürst und auch sonst nichts werden, lieber mit seiner Schar Spatzen im Obstgarten abhängen.

Doch nun muss der vermeintliche Nichtsnutz legendäre Tiere sowie eine für ihre Schönheit gerühmte Frau finden, sich vor Wächtern und Mächtigen verantworten. Allerdings reiht sich auf seiner Heldenreise Missgeschick an Missgeschick. Gut, dass sich der eher beratungsresistente Pippin auf seine Sperlingsfreunde verlassen kann. Obendrein hilft ihm eine sprechende Dohle.

Hinterlistige Herrscher, gierige Brüder

Autor Tim Krohn und Zeichner Chrigel Farner sind durch die Schweiz verbunden. Der 1965 in Deutschland geborene Krohn lebt seit seinem ersten Lebensjahr im Nachbarland, Farner kam 1972 in der Schweiz zur Welt, residiert aber seit langem in Berlin.

Eine Seite aus dem besprochenen Buch.

© Edition Moderne

Zusammen haben die beiden einen unterhaltsamen Comic inszeniert: Ein klassisches Märchen, das von Episode zu Episode eskaliert, mit hinterlistigen Regierenden, gierigen Brüdern, schier unmöglichen Aufgaben, sprechenden Tieren und allem, was zu dieser Art Erzählung dazugehört.

Dennoch erwehrt sich Krohns spatzenflüsternder Protagonist tapfer dem traditionellen Heldenklischee und auch in die Schelmenschublade kann er nicht einfach so gepackt werden.

Das Titelbild von „Pippin der Nichtsnutz“.

© Edition Moderne

Chrigel Farners wilde und trotzdem gediegene Zeichnungen reißen dagegen gleich mehrere Schubfächer auf, um sich daraus zu bedienen: Die Kunst der Romantik, Märchenbuch-Illustrationen vergangener Epochen und Fantasy-Artwork des späten 20. Jahrhunderts.

Farner, der auch schon Buchausgaben von D. W. Lovelaces „King Kong“ oder David Foster Wallaces „Schrecklich amüsant“ bebilderte, erweist sich einmal mehr als vielseitiger, treffsicher Gestalter. In seiner gekonnten Umsetzung von Tim Krohns Retro-Märchen gibt es immer etwas, das einen überrascht oder das man noch entdecken kann.

„Der Comic entstand ja ursprünglich für den Rätoromanischen Sprachraum in der Schweiz, also auf Rätoromanisch“, erklärt Farner, „und Pippin trifft in jedem Tal auf ein anderes der fünf rätoromanischen Idiome.“ Die Erzählung sei dazu gedacht die unterschiedlichen Idiome des Bündnerlandes im Unterricht zu thematisieren und im besten Fall den Comic in der Schweiz als Schullektüre zu etablieren. „Der deutschen Version fehlt natürlich dieses nicht unwesentliche Gimmik der Geschichte. Dennoch bin ich froh, wenn der Comic auch auf Deutsch unterhält.“

Signierstunde: Am Mittwoch, dem 14. Dezember 2023, signiert Chrigel Farner ab 17 Uhr sein Buch bei „Modern Graphics“, Kastanienallee 79, 10435 Berlin

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