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Zeitenwende. Eine Szene aus „Save It for Later“, die kurz nach Trumps Wahl 2016 spielt.

© Carlsen

Polit-Comic „Save it for later“: Mit der Kraft der Kinder gegen Trump und seine Spießgesellen

In seiner Essaysammlung „Save It for Later“ erzählt der US-Comicautor Nate Powell vom politischen Engagement seiner Familie in der Ära Trump.

Der Comic-Künstler Nate Powell ist durch seine Zusammenarbeit mit einem wirklichen Helden der jüngeren amerikanischen Geschichte bekanntgeworden: John Lewis, der kürzlich verstorbene Aktivist und Abgeordnete.

Symbole des Bösen: Eine weitere Seite aus „Save It for Later“.

© Carlsen

Während der Arbeit an der Serie „March“ über die Bürgerrechtsbewegung ist Lewis für Powell zum Freund und zur politischen Inspiration geworden. Diese will der US-Zeichner nun an seine Töchter weitergeben und sie in der aufgeheizten, zunehmend hasserfüllten amerikanischen Gegenwart zu gerechtigkeitsbewussten, politischen Menschen erziehen.

Er wählt für seine Erzählung „Save It for Later“ (Übersetzung Christian Langhagen, Carlsen, 160 S., 24 €) die Form von zusammenhängenden Comic-Essays und für seine Töchter die originelle, sie mutmaßlich vor zu viel Öffentlichkeit schützende Form vermenschlichter Tierfiguren.

Die Powells wohnen nicht in einer linksliberalen Blase, sondern mitten in Trump-Land, sodass spätestens mit dessen Wahlsieg 2016 Erklärungsdruck auf den Eltern lastet: Was bedeutet die omnipräsente konföderierte Kriegsflagge? Muss man vor Polizisten Angst haben? Darf man beim Spielen auch die „Bösen“ verkörpern?

Powell wechselt oft den Ton, von poetisch zu wütend zu nachdenklich, und verwebt verschiedene Zeitebenen, um auch eigene Lernprozesse zu illustrieren.

Sogar der Friseurbesuch wird zum Politikum

Das Medium Comic eignet sich sehr, um die Hintergründe verschiedener Symbole der radikalen Rechten zu entschlüsseln, aber Powell gerät mit seinem Ansatz auch an Grenzen – zumindest für die meisten deutschen Leser, für die viele Aspekte der komplexen amerikanischen Gegenwart vermutlich erklärungsbedürftig sind. In einem Glossar gibt es Übersetzungen der vielen gezeigten Protestschilder.

Der Autor mit seiner Tochter auf der Titelbild von „Save it for later“.

© Carlsen

Powell fängt die aufgeladene Stimmung des sich zuspitzenden Kulturkriegs grafisch gut ein – vor tiefschwarzem Hintergrund politisieren radikale Rechte selbst den Friseurbesuch inmitten der Corona-Pandemie aggressiv: „Cut my hair now!!“

[Unser Autor Thomas Greven ist Politikwissenschaftler und Privatdozent am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin. Weitere Tagesspiegel-Artikel über aktuelle Comics von ihm gibt es hier: Wie ein Comic eine neue Perspektive auf die Anschläge vor 20 Jahren vermittelt, Traumatische Geschichte in Wimmelbildern, Wie ein Comic die Spaltung der USA reflektiert.]

Am Ende erzählt Nate Powell auch eine rührende und mutmachende Geschichte – die seiner Töchter, die mit ihrer Energie dem politischen Aktivismus der Familie einen Schub verleihen.

Solch bürgerschaftliche Energie wird nötig sein, um die US-Demokratie noch vor Trump und seinen Republikanischen Spießgesellen zu retten, die mit autoritärem Machtbewusstsein einen quasi-legalen Staatsstreich vorbereiten – und die auch vor erneuter politischer Gewalt nicht zurückschrecken werden.

Thomas Greven

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