zum Hauptinhalt
Durchbruch: Eine Doppelseite aus „Fliegenpapier“.

© Avant

„Fliegenpapier“ von Hans Hillmann: Gangster tragen Grau

Hans Hillmann schuf mit seiner Hammett-Adaption „Fliegenpapier“ einen Klassiker der Bilderzählung. Ein Jahr nach dem Tod des Illustrators wurde das Buch jetzt neu aufgelegt.

New York, 1926: Sue, die missratene Tochter der wohlhabenden Familie Hambleton, läuft vor ihrer Heirat mit einem angesehenen Mann davon und lässt sich in der Folge mit mehr als einem Gangster ein. Der Ruf dieser Kerle beruht auf der Feuerkraft ihrer Maschinenpistolen oder auf Muskelkraft, Gewalt definiert ihre nicht selten jäh beendeten Leben. Sues Vater beauftragt eine Detektiv-Agentur, deren Ermittler seiner Jüngsten im Stillen auf den Fersen bleiben sollen. Der Major weiß, dass er seine widerspenstige Tochter nicht retten und auch nicht reumütig in den Schoß des prominenten Clans zurückführen kann. Doch wenigstens möchte er Sue davor bewahren, in allzu große Schwierigkeiten zu geraten. Aber genau das geschieht. So endet die Spur der Tochter aus reichem Hause in einem undurchsichtigen Mord, dessen Rekonstruktion und Aufklärung selbst dem abgezocktesten Schnüffler einiges abverlangen.

Zwischen 1975 und 1982 arbeitete der Grafikdesigner und Illustrator Hans Georg Hillmann, Pionier des deutschen Filmplakats, an seiner Adaption von Dashiell Hammetts Krimi-Erzählung „Fly Paper“ aus dem Jahre 1929. Jetzt ist Hillmanns „Fliegenpapier“ im Berliner Avant-Verlag als hochwertige Hardcover-Neuauflage erschienen, und noch immer beeindruckt die Umsetzung mit ihren stimmungsvollen Standbildern und Sequenzen. Hillmann, der 1925 in Schlesien geboren wurde und 2014 in Frankfurt am Main starb, wählte ungewöhnliche Perspektiven für seine atmosphärischen Graustufenbilder. Sie sind voller Details und Schatten und wirken wie Musterbeispiele der stark expressionistischen Noir-Ästhetik, die jahrzehntelang stilprägend für Hollywood war.

Außerdem steht der aufs Nötigste reduzierte Text aus Hammetts Prosavorlage stets unter den ganzseitigen und oftmals sogar doppelseitigen Illustrationen, weshalb „Fliegenpapier“ als frühe Graphic Novel gesehen werden darf, entstanden in einer Zeit, als noch niemand von Graphic Novels sprach, geschweige denn ein mehrdeutiges Etikett aus dem Begriff geworden war.

Atmosphärische Graustufen: Das Buchcover.

© Avant

Dass die in vier Akten erzählte Geschichte des geistigen Vaters von Sam Spade, Autors von „Der Malteser Falke“ und einflussreichen Paten des Hard-Boiled-Detektiv-Krimis in Literatur, Film und Comic geradezu schrecklich überkonstruiert ist, fällt letztlich nicht allzu sehr ins Gewicht. Hans Hillmanns grafische Adaption funktioniert selbst unabhängig von der Story als opulentes großformatiges Noir-Bilderbuch.

Hans Hillmann: Fliegenpapier (nach Dashiell Hammett), Avant, 256 Seiten, 29,95 Euro

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false